Leben

Pippi Langstrumpf: Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt!

Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt - Pippi Langstrumpfs Satz ist alles andere als lächerlich.

Es reicht! Ständig wird Pippi Langstrumpfs berühmtester Satz aus dem Zusammenhang gerissen und ins Lächerliche gezogen. Warum „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“ pure Inspiration ist.

So Leute, jetzt wird es mal ernst. Schluss mit lustig, kein Klamauk, weg mit den Albereien, die ihr immer wieder von mir gewohnt seid. Es geht heute um meine gute Freundin Pippi Langstrumpf und darum, dass sie ständig aus dem Zusammenhang zitiert und somit völlig missverstanden wird. 

Leute, lasst doch mal meine Pippi Langstrumpf in Ruhe! Worum es geht? Um ihren berühmtesten Ausspruch: „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.“ Und immer wieder werden ihre Worte fehlinterpretiert. SPD-Politikerin Andrea Nahles hat das Liedchen 2013 im Bundestag angestimmt, um gegen die Regierung zu protestieren.

So viele Fehlinterpretationen 

In diesem Jahr wurde eine Angela Merkel Figur irgendwo beim Karneval in ein Pippi Langstrumpf Kostüm gesteckt – natürlich abwertend nach dem Motto: „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.“ Natürlich wird gerne auch Donald Trump mit Pippi Langstrumpfs Worten in Verbindung gebracht. In Zeitungsartikeln liest man zudem von Architekten, die sich die Welt machen, wie sie ihnen gefällt – und anderswo heißt es, Internetauftritte von Facebook-Usern würden unter eben diesem Motto laufen: „Ich mach mir die Welt…“

Wenn in solchen Zusammenhängen von meinem lebenslangen Vorbild Pippi Langstrumpf gesprochen wird, dann klingt das einfach nur abwertend. „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“, wird ohne weiter zu überlegen einer Realitätsferne gleichgesetzt, es wird suggeriert, dass es sich um eine lächerliche Lebensphilosophie handle, dass daraus nichts entspringen könne, das sich weiterzuverfolgen lohnt. Ich muss widersprechen!

Pippi Langstrumpfs besonderer Weg

Ja, Pippi Langstrumpf geht ihren eigenen Weg. Aber sie geht ihn bewusst in der Gesellschaft. Sie ist ein Teil von ihr und will das auch sein. Nehmen wir die Liedzeile, die dem „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“ vorausgeht. Darin singt Pippi Langstrumpf: „Zwei mal drei macht vier und drei macht neune.“ Natürlich, zwei mal drei macht nicht vier, sondern sechs. Aber: Sechs und drei ergibt wirklich neun. Das bedeutet: Pippi Langstrumpf geht einen anderen Weg als den, der allgemein anerkannt ist. Sie probiert neues aus, hinterfragt Traditionen und Konventionen und scheut sich nicht, Fehler zu machen, erst mal zu scheitern, um ihre eigene Art zu leben und zu denken zu finden.

Am Ende aber ist auch bei ihr das Ergebnis „richtig“, liegt innerhalb der Rahmenbedingungen der Gesellschaft (und natürlich der Wissenschaft, ist klar). Denn Pippi Langstrumpf hat sich trotz ihrer Andersartigkeit bewusst entschieden, ein Teil ihrer Gesellschaft zu sein. Wann immer ihr Vater sie fragt, ob sie lieber mit ihm in der Südsee leben möchte, verneint sie.

Er schenkt ihr daraufhin stets einen Koffer voller Geld und lässt sie so eine Mischung aus Hippie-Leben und Kapitalismus leben. Pippi Langstrumpf verbindet damit die Extreme und bleibt am Ende doch ganz normal. Sie lebt in ihrem Eigenheim, sie kocht, sie putzt, sie kauft ein, sie spielt, sie arbeitet. Sie ist ein Teil von uns, von unserer Welt, ihr Ziel ist dasselbe wie unseres. Sie strebt nach Freundschaften, sie ist gegen Kriminalität und somit für Gesetz und Ordnung – und sie will in Ruhe und Frieden in ihrem Häuschen leben. Einzig ihr Weg zum Ziel ist ein anderer.

Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt!

Pippi Langstrumpf zeigt uns, dass wir unseren Blick auf die Welt verändern können, dass wir unseren Lebensweg nicht durch Traditionen und Konventionen bestimmen lassen müssen. Sie beweist, dass Kreativität neue Blickwinkel eröffnet und wir auch im Eigenheim kein 0815-Leben leben müssen. Nicht jeder muss zum Aussteiger werden und in die Südsee ziehen, der genug von den ausgetretenen Pfaden unserer Gesellschaft hat.

Sie macht deutlich: Es lohnt sich auch für Querdenker, Teil der Gesellschaft zu bleiben. Sie fordert uns geradezu auf, die Realität zu akzeptieren, Teil von ihr zu sein, zu bejahen, dass es einen gemeinsamen Nenner gibt, dass das Ergebnis am Ende neun ist, neun sein muss.

Doch der Weg dahin zu diesem Ergebnis darf unkonventionell sein. Brauchen wir nicht neue Wege in einer sich ständig verändernden Welt? Die Pippi Langstrumpf Geschichten wurden 1969 mit Inger Nilsson verfilmt. Erst 1977, also acht später, durften Frauen in Deutschland ohne Erlaubnis ihres Ehemanns arbeiten. Und kürzlich wurde – für viele betroffene Personen war es höchste Zeit – in unserem Land das dritte Geschlecht eingeführt! Unsere Gesellschaft wandelt sich. Das ist gut so.

Mehr Pippi Langstrumpfs bitte!

Und wir dürfen nicht vergessen, dass sie sich gerade deshalb wandelt, weil es genug Pippi Langstrumpfs in unserem Land gibt, die Teil der Gesellschaft sein wollen, Teil der Realität unseres Landes – und die gerade deshalb darauf aufmerksam machen, dass es sich lohnt, hier und da neue Wege und neue Blickwinkel zu finden.

„Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“ ist keine Realitätsflucht, ist alles andere als lächerlich. Es ist pure Inspiration. Danke, Pippi Langstrumpf!

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Pippi Langstrumpf: Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt!
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1 Comment

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    Sonja Probst
    3. November 2020 at 07:27

    Liebe Eva, vielen Dank für deinen Einsatz für Pipi. Du hast vollkommen recht, Pipi denkt neu. Wir brauchen positives neues Denken. Deshalb wollte ich das Zitat auch gerne verwenden. Mir gefällt tatsächlich nicht, dass es negativ belegt wurde. Trotzdem sehe ich auch darin ein bisschen Wahrheit. Schließlich stößt man mit neuen Gedankenmodellen erstmal gegen Fronten. Veränderung löst auch Angst, Verlustangst aus. Nichtsdestotrotz sind die Pipis unserer Welt unverzichtbar in einer Welt, die um die Sonne kugelt. Also: Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt. Liebe Grüße Sonja

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