Ich habe kürzlich eine Führung im Museum mitgemacht. Dort ging es um Frauen. Genauer gesagt: Darum, wie sie in Kunstwerken dargestellt werden und auch darum, dass in Kunstmuseen oft kaum Werke von weiblichen Künstlerinnen zu sehen sind.
Die Frau, die die Gruppe durchs Museum geführt hat, hat immer wieder Rollenbilder in Frage gestellt, auf Klischees hingewiesen und sich über den Umgang mit Frauen in der Kunstwelt und der Gesellschaft – naja, aufgeregt wäre vielleicht das falsche Wort, aber zumindest sprach sie über Missstände mit energischer Stimme.
Da ich mich auch gerne über Genderungerechtigkeiten aufrege, konnte sie mich im Großen und Ganzen gut mitziehen. Doch dann kam das Thema Menstruation auf.
Menstruation: Gesprächsthema Nummer 1?
Diese Frau fand es mehr als bedauerlich, dass die Menstruation ein kaum beachtetes Themengebiet in der Kunstwelt ist. Dabei sei die monatliche Blutung doch ein völlig natürlicher Vorgang, ohne den im Übrigen keine Fortpflanzung möglich sei. Es war nicht das erste Mal, dass ich mit dem Wunsch konfrontiert wurde, die Gesellschaft sollte offen über das Menstruieren sprechen.
Die Gruppe aus dem Museum, übrigens mehrheitlich Frauen, ist danach noch zusammen essen gegangen. Niemand hat über Menstruation gesprochen. Und ganz ehrlich: Ich war nicht unglücklich darüber.
Ich frage mich, was genau ein gutes Gespräch über die Menstruation eigentlich ausmacht. Vielleicht Farbe, Stärke, Dauer und Konsistenz? Oder eher die Intensität von damit einhergehenden Schmerzen sowie die manchmal durcheinander gerüttelte Gefühlswelt? Die Frage, ob Binden, Tampons oder Menstruationstasse? Keine Ahnung. Über solcherlei Fragen spreche ich auch ab und zu, aber nicht besonders gerne beim Mittagessen.
Natürlich sollte das Ganze kein Tabuthema sein. Aber ist es das überhaupt? Ich erinnere mich noch an all die Gespräche über die Menstruationstasse, als sie vor einigen Monaten so richtig in Mode kam.
Was ist mit Popeln, Kacke oder Ohrenschmalz?
Wenn ich an die Forderung von Konversationen über die Menstruation denke, frage ich mich immer, warum wir genau darüber reden sollten. Einfach nur, weil es eine rein weibliche Angelegenheit ist? Es gibt andere, ebenso wichtige Körperflüssigkeiten, die alle Menschen betreffen.
Nach der Führung durch das Museum habe ich mich zum Beispiel gefragt, wie oft ich schon kackende Menschen in der bildenden Kunst gesehen habe. Wie oft die Konsistenz von Ohrenschleim bei den alten Meistern thematisiert wird und ob das Popeln nicht vielleicht zu unterrepräsentiert ist. Was ist mit offensichtlich Furzenden oder rülpsenden Menschen? Ich gebe zu, dass ich keine große Kunstkennerin bin, aber vor meinem inneren Auge ist dazu kein Kunstwerk erschienen.
Notwendige Gespräche nicht nur über die Menstruation
Ich habe mich dann gefragt, ob wir in der Gesellschaft nicht auch öfter über diese Themen sprechen sollten. Vielleicht sollte ich meinen Arbeitskollegen mal sagen: Puh, ich habe gerade voll gespürt, wie die Scheiße eine Biegung in meinem Darm gemacht hat. Ich reserviere mir das Klo schon mal in einer Stunde, dann dürfte es soweit sein – nach der kleinen Ansprache würde ich demonstrativ furzen.
Später am Tag würde ich meinen Zeigefinger in die Höhe schnellen lassen: Schaut mal, ein riesiger Popel, würde ich sagen. Den habe ich gerade aus meiner Nase gezogen. Vorne ist er mega hart, aber hinten ist er noch voll schleimig! Ich spüre noch die Stelle in meiner Nase, an der er festhing. Und seht mal, die Form: Sieht fast aus, als hätte ich mir das Hirn aus der Nase gezogen, haha!
Am nächsten Tag könnte ich alle über meinen Ohrenschmalz informieren. Ist ja schon lustig. Mal fällt eine wohlgeformte Kugel Ohrenschmalz einfach so aus dem Ohr und mal ist er total weich und nervt total rum, weil er überall hängen bleibt und man einen halben Tag lang voll schlecht hört.
Und wenn ich mal nicht über meine Periode rede, weil ja sowieso alle über Menstruation sprechen und das deshalb total langweilig ist, könnte ich über meinen Zervixschleim reden.
Der weibliche Zyklus: Mehr als Menstruation
Es ist ja auch echt unverständlich, dass manche Menschen den weiblichen Zyklus auf die Menstruation zu beschränken scheinen. Da unten passiert doch quasi jeden Tag was! Und der sogenannte Zervixschleim deutet immer darauf hin, was da gerade so los ist.
Man kann ihn sogar zwischen zwei Finger spannen und auseinanderziehen und daran erkennen, ob man gerade seinen Eisprung hat oder nicht. Faszinierend, oder?
Hast du gerade auch so viel Schleim?, würde ich meine Kollegin in der Mittagspause fragen. Und den Kollegen, damit er sich nicht ausgeschlossen fühlt: Wie war denn deine Morgenlatte heute früh?
Vielleicht gibt es jetzt Menschen, die meinen, es sei wichtiger, über Menstruation zu sprechen als über Ohrenschmalz, Popel oder Stuhlgang. Aber die Wahrheit ist: Eine gesunde Verdauung ist für die gesamte Menschheit extrem wichtig. Wer Verstopfung hat, bekommt richtig üble Probleme. Und auch Popel oder Ohrenschmalz sind ganz natürliche Körperflüssigkeiten, für die sich keiner schämen sollte.
Meine Zeit ist begrenzt, meine Themenliste lang
In meiner persönlichen Erfahrung zumindest ist es nicht so, dass Popel oder Kacke öfter in Gesprächen auftauchen als die Menstruation. Eher andersherum. Ist das für die anderen Körperflüssigkeiten nicht irgendwie scheiße?
Darüber kann man sich wahrscheinlich vortrefflich streiten. Ich jedenfalls weiß nicht, weshalb ich mir übermäßig viele Bilder anschauen sollte, auf denen Menstruationsblut, Popel, Kacke oder Ohrenschmalz zu sehen sind. Und ich weiß ebenso wenig, weshalb ich mich die ganze Zeit darüber unterhalten sollte.
Wenn es mal passt, meinetwegen. Wenn es einen konkreten Anlass gibt, zum Beispiel Klopapier ist alle oder Binden sind aus, alles klar. Aber ansonsten? Meine Zeit ist begrenzt und meine Themenliste ist lang.
So, und nun ist es Zeit für meinen wohlverdienten Shitstorm. Nutzt dafür einfach die Kommentarfunktion! Und nie vergessen: Eva meint’s einfach nur gut 😉
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