Familie

Alleinerziehend für fünf Tage: Erinnerungen einer Strohwitwe

Ich war fünf Tage alleinerziehend. Bin froh, dass es vorbei ist.

Ich habe es ja schon lange geahnt, aber jetzt wurde ich wirklich mal wieder mit der Wahrheit konfrontiert: Alleinerziehende haben den härtesten Job aller Zeiten. Normalerweise steht es bei uns ja 2 gegen 1. Mein Mann und ich sind unserer heimlichen Herrscherin zumindest zahlenmäßig überlegen. Aber diese Woche war alles anders.

Mein Mann war weit weg auf Fortbildung. Fünf langatmige Tage laaaang. Und ich: Allein mit einer nicht mal einen Meter großen Lady, die mich nicht nur in die Knie zwingt, wenn ich mal wieder die ständig laufende Rotznase putzen muss. Am Ende meiner Strohwitwen-Zeit fühle ich mich so fern von aller Energie, wie ich mir auch eine echte Strohwitwe vorstelle.

Aber dennoch. Ich bin glücklich. Denn dieses Kind schafft es immer wieder, alle Sympathiepunkte auf sich zu vereinen – auch wenn man gerade noch das Gefühl hatte, es wüte ein Krieg zwischen Nordkorea, den USA und Russland. Hier meine Top 3 Erlebnisse aus den letzten Tagen. Auf dass sich die Menschheit eine Scheibe Liebenswürdigkeit und Versöhnung davon abschneide:

Ich liebe meine schimpfende Mama

Das Kindchen nimmt mein Handy vom Tisch und kommt auf mich zugelaufen: „Mama, Hälly!“ („Mama, Handy“, Anm. d. Red.) Aufgeregt mit den Armen rudernd steht sie vor, gluckst lachend und lässt dabei das Handy fallen – auf meinen nackten Fuß, genauer gesagt auf meinen zarten, feinfühligen, mittleren Zeh. „Auaaaaa!“, brülle ich und rudere mit den Armen, schluchzend vor Schmerz. Ich bin sauer. Genervt. Und ich habe Aua! Menno! Was jetzt? Naja klar! Meckern!

„Pass doch auf!“, rufe ich ihr zu. „Man muss vorsichtig sein.“ Und so weiter, was man halt so sagt. Darauf lächelt mich mein nicht mal zweijähriges Kindchen an, kommt auf mich zugelaufen, gibt mir einen Kuss auf die Wange und umarmt mich.

Und in mir schmilzt der zorneskalte Gletscher. Krass eigentlich, wie schnell Schmerz von Endorphinen verdrängt werden kann.

Sport – zu zweit ist es noch anstrengender

Ein Leben ohne Sport hat keinen Sinn, finde ich ja. Wenn man einen ganzen Tag lang ein ständig brabbelndes Kind neben sich hatte und durch das Gewusel dieses Geschöpfs nur noch neben sich steht, muss man den Kopf wieder frei bekommen. Also: Fitness App an und los geht’s: Plank, Crunches, Squats: Come on, you know what I mean: Der Körper wird gestreckt, zusammengefaltet, nach links und rechts, oben und unten gewuchtet, bis die Muskeln zittern und der Schweiß perlt. Und das tut er.

Das Kind findet die Verrenkungen der Mama schrecklich lustig und quiekt vor Freude, als Mutti zum Unterarmstütz ansetzt und den Körper steif wie ein Brett über dem Boden hält. Das ist ja so schon mörderisch anstrengend. Aber wenn dann der Nachwuchs noch auf den Rücken springt, „Hoppa Reiter“ ruft und schon mal sitzend auf und ab hüpft, dann ist ein völlig neues Kapitel von Anstrengung erreicht. Das ist effektiver als jeder Drill Seargent im Fitnessstudio, Leute! Insgesamt gesehen aber wahrscheinlich deutlich teurer – und noch viel unberechenbarer.

Eine Blume nur für mich

Ich bin ja nun unter die Urban Gardener gegangen. Oh Mist, ich wohne ja auf dem Dorf. Wie nennt man das dann? Urban village gardening? Rural gardening? Nur gardening? Original gardening vielleicht? Egal. Jedenfalls war ich mit Töchterchen in einer Gärtnerei, um Erdbeerpflanzen für einen Kübel zu kaufen. Ihr Kommentar: „Erdbeerkuchen!“ – Eben! Nun ja.

In der Gärtnerei ist in so einer Situation natürlich nix mit entspannt vor sich hin flanieren und Blümchen beschnuppern. Das kleine Mädchen, das sich meine Tochter nennt, rennt von den Kräutern über die Gemüsepflanzen bis zu den Geranien, gluckst, ruft: „Da!“ und „Da!“ und „Da!“ und ist jeweils hinter einer neuen Entdeckung her. Nachdem ich eine Weile hinter ihr her geeiert bin, muss mir ihr Eroberungsfeldzug durch den Blumenladen irgendwann egal sein. Sonst kommt man ja zu nix.

Ich also ab in Richtung Erdbeeren. Aber was soll ich sagen? Mutti dreht sich ja irgendwann doch wieder zum Kind um. Und zack: Da reißt sie gerade einer Topfpflanze die Blüte ab – und ein Mitarbeiter des Ladens steht direkt daneben. Ich also zähneknirschend hin, mit ein paar mahnenden Worten im Gepäck, die ich für den Mitarbeiter in gut hörbarer Lautstärke aus meinem Mund purzeln lasse. Töchterchen schaut mich mit großen Augen an, lächelt, und hält mir die Blume hin. „Da, Mama, Blume!“, sagt sie und lächelt verlegen. Der Verkäufer schmilzt – und ich natürlich auch. Was soll ich sagen? Ich liebe meinen Zwerg!

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