Familie

Sharenting: Darf ich Fotos meines Kinds im Internet teilen?

Wer Sharenting betreibt, zeigt sein Kind im Internet. Die Uni Bamberg forscht darüber.

Ich gehöre ja per Definition zu den Digital Natives. Und dazu gehören jede Menge Superkräfte! Vor Jahren schon habe ich mit meinen Brüdern per Chat kommuniziert, obwohl wir drei alle nebeneinander saßen. Wer braucht schon akustische Signale, wenn es auch digitale gibt!

Immer wieder rette ich Word Dokumente älterer Kollegen, die in der verwirrenden Welt des Zwischenspeichers gefangen waren. Ich löse pures Unverständnis bei meinen Eltern aus, weil ich keinen Fernseher haben will, sondern völlig auf ein gewisses Netflix und diverse Mediatheken setze. Und natürlich: Ich schreibe wie so viele meiner Generation über irgendwelches absolut banales Zeug auf meinem Blog.

Mütter, Töchter, Peinlichkeiten

Aber was soll ich dagegen tun? Hier sitze ich vor meinem Laptop und kann nicht anders: Ich bin ein Digital Native! Und nicht nur das: Ich bin ein Digital Native mit echtem Kind. Glaubt mir! Meine Tochter ist kein Tamagotchi, sondern ein Wesen aus Fleisch und Blut, das mit einer Mama aufwächst, die im Internet über Familie und so schreibt. Peinlich!

Ihr wisst ja: Mit großer Macht kommt große Verantwortung. Ich kann momentan noch im Alleingang entscheiden, wie mein Kind im Internet auftaucht. Will ich Fotos von meiner Tochter zeigen und damit sogenanntes Sharenting betreiben? Sharenting kommt übrigens von sharing und parenting. Also: Will ich das? Und wenn ja, warum eigentlich? Weil sie einfach super mega niedlich ist? Ist sie! Weil Kinderfotos grandios viele Klicks und Likes generieren? Tun sie! Das habe ich bereits auf diversen Instagram Profilen beobachten dürfen.

Sharenting – ja oder nein?

Aber: Und hier kommt Eva meint’s gut, die immer und überall ein ethisches Dilemma wittert: Darf ich mein Kind überhaupt im Internet gut erkennbar zeigen? Das Gesetz verbietet es zumindest nicht. Und die Moral? Die ist ja so ein schrecklich schwammiges Feld.

Ich jedenfalls habe mich dagegen entschieden, meine Tochter erkennbar im Internet zu zeigen. Mal nur die Beine, ein Bild von hinten oder zur Illustration ihrer Operation am Schädel den Kopf von oben und stark bearbeitet – okay! Das finde ich vertretbar. Ansonsten aber gilt für mich: Mein Kind ist eine Person und hat damit schon jetzt Persönlichkeitsrechte. Sie kann noch nicht entscheiden, ob sie Bilder von sich im Internet haben will, also steht mir auch nicht zu, sie dort gut erkennbar zu zeigen. Das tut mir zwar wahnsinnig leid für euch, weil ihr damit einen Blick auf das tollste Kind aller Zeiten verpasst, aber so ist es eben.

Die Meinungen übers Sharenting gehen ja denkbar weit auseinander. Ihr habt doch sicher auch eine Meinung, oder? Und die möchte Bernadette Kneidinger-Müller, Mama von zwei Kindern und Juniorprofessorin für Soziologie an der Uni Bamberg, gerne wissen. Sie untersucht das Phänomen nämlich wissenschaftlich und freut sich, wenn ihr an einer Online-Umfrage teilnehmt, die nur ein paar Minuten dauert.

Das Ganze erklärt sie hier noch ein bisschen genauer:

Die Umfrage übers Sharenting 

Ein Schnappschuss hier, ein Selfie da… Kinder gehören für die meisten Eltern seit jeher zu einem sehr beliebten Fotoobjekt. Die Allgegenwart digitaler Fotokameras, die im Smartphone integriert nahezu rund um die Uhr Wegbegleiter vieler Eltern ist, unterstützt dieses elterliche Bedürfnis noch weiter. Jeder Meilenstein in der Entwicklung eines Kindes kann nun mit einem Klick dokumentiert werden, jedes Erlebnis für immer im Bild festgehalten werden und jedes noch so kleine Ereignis im Eltern-Kind-Alltag auch mit abwesenden Personen geteilt werden.

Eine wichtige Rolle spielt dabei das Internet. Momentan schlüpft gerade die erste Generation der sogenannten „Digital Natives“, also jener Geburtenjahrgänge, die bereits im Kinder- und Jugendalter mit dem Internet in Berührung gekommen sind,  in die Elternrolle. Diese „Digital Parents“ nutzen das Internet generell als wichtiges Kommunikations- und Informationsmedium und dies bleibt auch im Zusammenhang mit dem Thema Kinder so.

Sharenting ist Alltag geworden

Das Internet bietet jungen Eltern eine riesige Fülle an Informationen zu Fragen rund um Kinder, Gesundheit, Erziehung und vieles mehr. Das Internet bietet Eltern neue Kommunikationsmöglichkeiten, um sich mit anderen Eltern auszutauschen, aber auch um mit ihrem eigenen sozialen Netzwerk in Kontakt zu bleiben.

Großeltern, andere Familienmitglieder oder Freunde, die nicht vor Ort leben, können mittels Nachrichten, Fotos oder Videos, die über Facebook, WhatsApp und Co ausgetauscht werden, Erlebnisse mit dem Nachwuchs zumindest medienvermittelt mitverfolgen. Das Teilen von Informationen oder Fotos der eigenen Kinder wird mittlerweile unter einem eigenen Schlagwort diskutiert: „Sharenting“ als Wortkombination von „sharing“ (= Teilen) und „parenting“ (= Erziehen) wurde 2013 vom Wall Street Journal für diese mittlerweile sehr alltägliche Praktik eingeführt.

Auch wenn sich dieser Begriff im deutschsprachigen Raum noch nicht vollkommen durchgesetzt haben mag, so wird auch hierzulande das Teilen von Kinderfotos im Internet durchaus kontrovers diskutiert. Zu Recht wird dabei auf potentielle Gefahren hingewiesen, die das Veröffentlichen von Daten und damit eben auch Fotos generell im Internet haben kann.

Zu Recht wird darauf verwiesen, dass die Fürsorgepflicht der Eltern auch einen sorgsamen Umgang mit der Privatsphäre der eigenen Kinder beinhaltet. Zu Recht wird aber auch darauf hingewiesen, dass es keine allgemein gültigen Regeln für die Veröffentlichung von Fotos der eigenen Kinder gibt. Vielmehr zeigt sich, dass jeder Elternteil oder jedes Elternpaar eigene Strategien für den Umgang mit Kinderfotos entwickelt.

Was sagen Eltern?

Doch welche Kriterien entscheiden nun tatsächlich darüber, ob und in welcher Form ein Kinderfoto im Internet gepostet wird? Genau mit dieser Frage beschäftigt sich ein Forschungsprojekt an der Universität Bamberg, zu dem gerade eine Online-Umfrage durchgeführt wird. Im Rahmen eines kurzen Fragebogens (5-10 Minuten) sollen möglichst viele Eltern ihre eigenen Strategien und Erfahrungen im Umgang mit den Fotos angeben. Jede Meinung dazu ist gefragt, also machen auch Sie mit. Der Fragebogen und weitere Informationen zu dem Projekt finden sich unter https://www.soscisurvey.de/kidsfotos/

Kontakt:
Prof. Dr. Bernadette Kneidinger-Müller
Juniorprofessorin für Soziologie mit dem Schwerpunkt Internet
Universität Bamberg
bernadette.kneidinger@uni-bamberg.de

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