Ernährung

Die Foodwaste Sünde – Bekenntnis einer Wegwerfenden

Foodwaste: Das ist ein Rotkohl, den ich leider wegkippen musste.

Foodwaste beim Möchtegern-Gutmenschen

Warum ich eines schönen Morgens all meine Prinzipien in den Abguss schüttete.

Ich liebe Smoothie Bowls! Einige von euch wissen vielleicht schon, dass ich den Tag so oft es geht mit einer pürierten Mélange aus Früchten, Gemüse und Pflanzenmilch, zum Teil sogar verfeinert mit Kräutern und Gewürzen beginne.

Es ist einfach unfassbar, welch grandiose Geschmacksorgasmen entstehen, wenn man eine völlig absurd klingende Zutatenliste in den Mixer wirft und voll Power durchrührt. Grünkohl mit Mango? Mmmmmm, aaaaahhhh! Chicorée mit Mandarinen? Jaaaaa, weiter! Mehr! Pastinake mit Haferflocken und Apfel? Ooooohhh, yeah Baby!

Lebensmittel wegwerfen nervt!

Was ich also mag: Logo – Smoothie Bowls! Was ich aber gar nicht mag: Foodwaste! Ich hatte euch ja schon erzählt, dass ich allmorgendlich meinen Kühlschrank – auch Gnadenhof genannt – nach Lebensmitteln absuche, die dringendst püriert werden müssen, weil sie fast schon hinüber sind. Denn Lebensmittel wegwerfen nervt! Die ganze Geschichte über meine Gammelfood Smoothie Bowls könnt ihr hier nochmal nachlesen.

Heute muss ich euch leider erzählen, warum ich all meine Gutmenschen-Prinzipien doch einmal über Bord werfen musste. Besser gesagt: In den Abfluss schütten!

Irgendwie klingt die Zutatenliste von Smoothies ja immer ein wenig absurd. Meistens schmeckt es aber geradezu göttlich. Also war ich nicht weiter misstrauisch, als mir empfohlen wurde, Rotkohl mit Ananas, Cranberrys, Aroniabeeren und ein paar Gewürzen zu vermixen. Crazy shit! Aber warum nicht?

Ich also alles rein in den Mixer. Zutaten vom Feinsten! Diesmal war gar nichts angegammelt, alles frisch und alles bio. Optimale Voraussetzungen für einen super gesunden Start in den Tag! Ich hab mich vor meinem inneren Auge schon deutlicher schöner, schlanker und fitter gefühlt, als ich an das Ergebnis dachte.

Während der Mixer vor sich hin mixte, schnitt ich eine Birne, die den perfekten Reifegrad hatte, in mundgerechte Häppchen. Dann: Smoothie in den Bowl, Birne drauf, ein Löffel Chiasamen drübba und wir beide, der Bowl und ich, rauf aufs Sofa.

Meine Geschmacksnerven wollten Foodwaste

Ich nahm einen Löffel voll, führte ihn in den Mund, bereitete mich auf eine Aromaexplosion vor – und merkte, wie mein Körper den noch halb vollen Löffel abstieß, als wäre er ein nicht erwünschtes Spenderorgan. Weg damit, du gehörst nicht zu uns, schrien meine Geschmacksknospen. Und man, waren sie laut!

Es kommt tatsächlich immer mal wieder vor, dass mir ein Smoothie nicht so richtig gut schmeckt: Doch zu viele Haselnüsse, etwas weniger Ingwer hätte es auch getan oder Pfirsich hätte besser gepasst als Apfel.

In solchen Situationen bringe ich die hübsch angerichtete fein pürierte Masse mit einem freundlichen Lächeln meinem Mann. „Schatz, das habe ich für dich gemacht“, sagt er dann. Er freut sich dann riesig, denn ich bringe ihm oft auch wirklich richtig leckere Smoothie Bowls.

Die nicht so leckeren isst er auch auf. Und sagt mir dann manchmal ein paar Stunden später: „Du, das soll jetzt keine Kritik sein, aber ich glaub, ich mochte den vielleicht nicht soooo gerne wie den gestern.“ Dann duckt er sich schon mal vorsorglich, denn ich maule ihn an: „Wie kannst du nur? Du bist so undankbar! Extra hab ich das für dich gemacht! Stand in der Küche! Hab alles geschält! Püriert! Topping drauf! Und überhaupt: Das ist nicht nur lecker, sondern auch mega gesund! Du wolltest dich doch gesünder ernähren!“

Manchmal komme ich dann ein wenig später angekrochen. „Ähm ja, kann sein, dass es dir nicht geschmeckt hat, weil ich aus Versehen doppelt so viel von, naja, und von dem anderen zu wenig und ich dachte halt, hmm ja, hat nicht so geklappt. Tschuldigung.“

Weinen und wegwerfen

Der Rotkohl Smoothie war allerdings so extrem widerlich, dass es wahrscheinlich einem Scheidungsgrund gleichgekommen wäre, wenn ich ihn ihm angeboten hätte. Also tat ich, was ein selbst ein guter Mensch in einer Überflussgesellschaft eben tut: Ich stand schluchzend mit einem Sieb vor dem Ausguss, leerte den Smoothie Bowl ins Sieb und filterte die leckeren Birnenstücke unter einigem Durchgequetsche heraus.

Dabei quollen die Chiasamen immer weiter auf, weil ich ja Wasser nachgießen musste, um die sämige Masse durchs Sieb zu jagen. Die glibschigen Samen klebten überall und ich weinte meinem verpassten Geschmacksorgasmus hinterher.

Und dann? Gab es für mich einen fruchtigen und zuverlässig leckeren Mango Smoothie. Als ob ich den verdient hätte! Und doch konnte ich nicht anders als zu jauchzen und zu frohlocken. Aber nur innerlich natürlich. Nach außen hin versuche ich die Trauer noch ein Jahr lang aufrecht zu erhalten. So wie es sich für eine Foodwaste Sünderin gehört!

Die Foodwaste Sünde – Bekenntnis einer Wegwerfenden
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