Familie

Evas Corona Protokoll

5 Wochen Kindergarten zu: Evas Corona Protokoll

Der Corona-Ausnahmezustand: 5 Wochen lang ist der Kindergarten geschlossen. Eva verbringt jetzt mit einer Dreijährigen, einem zwei Monate alten Baby und einem Mann, der erst mal nur noch im Homeoffice arbeiten soll, viel Zeit in der Dreizimmerwohnung. Sie tut das gerne. Bürgerpflicht halt, oder? Rausgehen ist erlaubt, Interaktionen werden aber stark vermieden. Wie das konkret aussieht? Lest selbst! Jeden Tag wird dieser Beitrag um einen neuen Tagesbericht ergänzt.

Woche 7

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 22:03 Uhr: 162.496

Montag: Wir kaufen Erdbeerkuchen im Bauernladen. Soulfood muss sein. Besonders, weil mir am Nachmittag mal wieder Unschönes bevorsteht. Ich habe vor, die Wohnung zu saugen. Eigentlich putze ich nur freitags. Aber in der letzten Zeit hat mich die Wohnung spätestens dienstags angefangen total anzuwidern, weil überall der Staub herumfliegt und die Krümel knöchelhoch in der Küche herumliegen. Am Abend essen wir zur Feier des Tages vom Boden. Zumindest stelle ich mir vor, dass wir das tun könnten, während wir am Tisch essen. Den ich zur Feier des Tages immerhin abgewischt habe.

Dienstag: Videotelefonie mit Oma und Opa um 8.30 morgens. Das heißt: Ich falle aus dem Bett, schiebe mich ins Bad, hample 15 Minuten auf meiner Sportmatte herum und muss dann das Gespräch starten. Der Vormittag ist gezeichnet von Chaos. Meine früh aufstehenden Eltern scheinen diese Uhrzeit super zu finden. Für uns bedeutet sie nur Stress. Kann mir mal jemand Entspannung schenken? Nein? Alles muss man selber machen!

Am Nachmittag fahren wir in den Nachbarort, um einer Bekannten ein Geschenkchen ans Gartentor zu hängen und wenigstens ihr Entspannung zu schenken. Sie hat sich heute ausgesperrt und kann sicher eine kleine Freude gebrauchen.

Mittwoch: Ich habe alle fehlenden Unterlagen für den Elterngeldantrag abgeschickt. Ist das die Möglichkeit? Ich wage noch nicht ganz, mich wirklich zu freuen. Was werden die lieben Leute von der L-Bank wohl noch immer vermissen?

Neben dem Elterngeldantrag habe ich heute noch eine Spielzeugmatte abgeschickt, die ich über eBay Kleinanzeigen verkauft habe. Ich habe 8 Euro inklusive Versand dafür verlangt. Die nette Dame am Postschalter überraschte mich mit den freundlichen Worten: „Versand kostet 7,49 Euro.“ Immerhin hat sie nicht gesehen, wie mir die Gesichtszüge unter der Gesichtsmaske entglitten sind.

Donnerstag: Wunder gibt es immer wieder! Meine Dreijährige will freiwillig die Wohnung verlassen. Denn es ist herrlichstes Matschepampewetter: Nieselregen, nasskalt, ekelhaft. Ich versuche sie umzustimmen: Einmal Memory noch? Willst du einen Keks? Trotzdem raus? Hmm, na gut! Das Kind strahlt übers ganze Gesicht, während es in Pfützen hüpft und den bunten Kinderschirm aufspannt. Wieso eigentlich bezeichnet man Regenwetter als schlecht?

Wochenende: Diese Woche fing das Wochenende ja schon am Freitag an, weil: 1. Mai! Woran ich etwas vom Feiertag gemerkt habe? Mein Mann hatte frei! Drei Tage in Folge war ich also nicht allein für die lieben Kleinen verantwortlich. Hervorragend. Aber das hatte auch zur Folge, dass ich meinen sonst ja vollkommen freien Freitagnachmittag verloren habe. Wir haben halt was zusammen als Familie gemacht. Zur Entschädigung habe ich einen freien Vormittag am Sonntag bekommen. Der Sonntag ist geprägt von einer Mischung aus Langeweile, Müdigkeit und Resignation.

Mir wird klar: Dieser Corona-Ausnahmezustand, den ich in diesem Blogpost beschreiben will, wird Alltag. Wir alle werden noch sehr lange einen Corona-Normalzustand leben.

Deshalb: Hiermit schließe ich mein Corona-Protokoll und werde euch regelmäßig mit Themen-Beiträgen rund um mein fast perfektes Leben beglücken. Vieles wird Corona-related sein. Geht ja gar nicht anders. Insofern geht es irgendwie also doch weiter mit dem Corona-Protokoll! Bleibt gesund und positiv!

Woche 6

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 17:20 Uhr: 154.175

Mein Körper gehört mir!

Montag: Zum ersten Mal seit das Baby geboren wurde, daddel ich abends, nachdem ich es um 22 Uhr ins Bett gebracht habe, noch so vor mich hin. Ein völlig neues Gefühl von Freiheit! Ich bin ein Individuum. Ich darf die Luft im Raum ganz alleine wegatmen, mein Körper gehört mir. Zu Beginn wiege ich mich selbst noch hin und her – aber dann merke ich, dass ich ja gar kein Baby auf dem Schoß habe.

Hipster-Frühstück und Corona-Regeln

Dienstag: Es gibt ein extrem leckeres Frühstück mit Chia-Pudding, Overnight-Oats und Bananen-Nicecream. Danach kommt meine Mutter vorbei, um eine stumpfe Nadel zum Basteln zu bringen. Meine Erstgeborene sammelt Pusteblumen für sie und legt sie auf den Boden, damit Oma sie sich nehmen kann. Als die Oma im Weg zur Schaukel steht, bleibt meine Tochter stehen und sagt: „Oma, kann ich mal vorbei?“ Geduldig wartet sie, bis Oma zur Seite gegangen ist. Da hat jemand Corona schon voll verinnerlicht!

Fransenpony mit unterschiedlichen Längen

Mittwoch: Noch so ein Corona-Event: Ich schneide meiner Dreijährigen den Pony selber. Normalerweise ist die Oma ihre Friseurin. Aber das geht ja jetzt nicht. Ich nenne die neue Frisur liebevoll: Fransenpony mit unterschiedlichen Längen. Sehr modisch.

Kaffee mit Haferschleim

Donnerstag: Ich merke, dass meine Hafermilch sich dem Ende entgegen neigt. Morgen sollte ich mal wieder einkaufen gehen. Oder doch nicht? Ich gebe mir einen Versuch, die Milch selbst herzustellen. Und trinke meinen Kaffee dann mit so etwas wie Haferschleim. Warum zur Hölle ist es so schwer, eine gute Hafermilch selber zu machen? Ich schaffe es leider nicht, mir den Kaffee bis zum Ende rein zu würgen.

Einkaufstag

Freitag: Also ab in den Bio-Supermarkt, Hafermilch kaufen. Und einen Haufen anderes Zeug, das meine Bankkarte beim Bezahlen glühen lässt. Ich habe beide Kinder bei meinem Mann gelassen und opfere einen Teil meines freien Nachmittags fürs Einkaufen. So etwas soll nicht zur Gewohnheit werden, also kaufe ich halt so viel ein wie es geht. Leider vergesse ich trotzdem das ein oder andere und bestelle deshalb am Abend noch eine riesige Packung Backpulver im Internet. Wahrscheinlich reicht das für die nächsten drei Jahre.

Interaktionen machen glücklich

Wochenende: Ich nutze nach fünf Wochen Isolationshaft endlich mal alle Möglichkeiten, die mir offiziell bleiben: Ich treffe mich zu einem Waldspaziergang mit einer Freundin. Um den Abstand einzuhalten geht sie auf der einen Seite des Waldwegs und ich auf der anderen. Zwischen uns hindurch gehen die Spaziergänger, die uns entgegen kommen.

Und endlich wage ich mich mit meiner Erstgeborenen bei meinen Eltern auf die Terrasse. Bei uns in Baden-Württemberg dürfen sich Verwandte in erster Linie, also Großeltern, Kinder, Enkelkinder, im nichtöffentlichen Raum treffen, zum Beispiel also auf der eigenen Terrasse. Meine dreijährige Abstandskönigin hält sich an die Regeln, grinst übers ganze Gesicht und kann ihr Glück kaum fassen, endlich wieder bei Oma und Opa zu sein.

Am Sonntag malt die Dreijährige ein Bild mit einem Haufen Quallen darauf. Neben eine Qualle zeichnet sie einen Strich – eine Art Absperrung – und sagt: Wenn Corona vorbei ist, darf die Qualle wieder da durchschwimmen.

Tag 34 und 35, 18. und 19. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 20:20 Uhr: 139.897

Als ich am Samstag aus dem Bett ins Bad getrottet bin, kam mir auch schon meine Dreijährige entgegen. Sie: „Mama, ich will mit dir spielen! Buch anschauen!“ Ich: „Und was werde ich gleich tatsächlich machen?“ Sie, etwas betreten: „Sport!“ Und so geschah es. Während ich vor mich hin geturnt habe, hat meine Tochter Legosteine aufeinander gebaut. Und als die Stimme aus dem Handy sagte: „Achte auf die Technik“, vervollständigte meine Erstgeborene den Satz: „Und nicht auf die Geschwindigkeit!“

Hmm, übertreibe ich es etwa mit dem morgendlichen Sportprogramm? Aber keine Sorge! Danach habe ich meiner Tochter natürlich eine Geschichte vorgelesen, wir waren auf einem Walderlebnispfad und haben allerlei gespielt. Das Baby hat mich immer mal wieder angeschrien, hat zwischendurch auch mal geschlafen, später hat sich die Dreijährige übers Abendessen beschwert und alles versucht, um nicht ins Bett gehen zu müssen. Ich finde, die morgendliche Sportzeit habe ich mir in Zeiten wie diesen mehr als verdient.

Me-Time am Sonntag

Am Samstagabend waren sowohl mein Mann als auch ich mehr als fertig. Es war, als wäre uns ein LKW aus Kindergeschrei übers Gehirn gefahren. Deshalb haben wir beschlossen, den Sonntag mal anders zu strukturieren. Am Vormittag hatte ich frei (bis auf ein paar Mal stillen) und am Nachmittag durfte mein Mann alleine sein.

Tja – und morgen sollte ja ursprünglich der gewöhnliche Alltag wieder losgehen. Als der Kindergarten wegen Corona geschlossen wurde, hieß es, das geschehe voraussichtlich bis zum 19. April. Heute ist der 19. April. Und ich frage mich, wann mein Kind wieder in den Kindergarten gehen kann. Im Moment rechne ich mit September, hoffe auf ein früheres Datum und fürchte, dass es im schlimmsten Fall sogar länger dauern wird.

Fünf Wochen Corona-Protokoll enden

In den letzten fünf Wochen hatte ich hier zu Hause ein dreijähriges Mädchen, das den Alltag mit Mama, Papa und kleiner Schwester total super fand und sich auch weiterhin darauf freut, zu Hause zu bleiben. Ich selbst freue mich, dass ich noch nicht wahnsinnig geworden bin. Ich weiß, dass ich auf hohem Niveau jammere, wenn ich mal in den Meckermodus schalte. Dennoch wüsste ich gerne, wie sich die Lage zukünftig gestaltet. Aber logisch, eine Pandemie lässt sich nicht planen.

Wie geht es jetzt mit meinem Blog weiter? Ich hatte versprochen, fünf Wochen lang über unseren Alltag zu berichten. Das habe ich getan. Ihr werdet auch weiterhin von mir hören. Mein Corona Protokoll führe ich jetzt einmal wöchentlich, immer am Wochenende, fort.

Und zwischendurch gibt es wieder andere Beiträge auf evameintsgut, die sicher irgendwie mit Corona zu tun haben, wie alles, was man halt gerade so macht, die aber auch wieder mehr damit zu tun haben, wie wir trotz allem versuchen, ein möglichst faires, nachhaltiges Leben zu führen – und  uns erlauben, immer mal daran zu scheitern.  

Tag 33, 17. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 20:53 Uhr: 133.830

Die ganze Woche lang hatte ich nicht viel Lust auf den heutigen Tag. Heute ist mein Geburtstag. Trööööt. Stellt euch vor, es ist Geburtstag – und keiner geht hin. Ja, meine Laune war mies diese Woche. Die Gesamtsituation schlaucht mich.

Aber: Es wurde ein rundum schöner Geburtstag. Als ich mich schließlich aus dem Bett geschält habe und in den Flur getrottet kam, kam auch schon meine Erstgeborene zu mir angelaufen und hat mich Freude strahlend umarmt. In der Küche brannten Kerzen, auf dem Tisch standen Geschenke. Wir haben lecker zusammen gefrühstückt.

Meine Mutter kam vorbei und übergab mir unter Einhaltung der Distanz-Regeln vor dem Haus ihr Geschenk, wir haben uns lange unterhalten und die Sonne genossen, bis wir uns vor ihr sogar verstecken mussten, weil sie so heiß brannte.

Mal wieder in den Wald

Der Postbote hat noch mehr Geschenke gebracht und dann haben wir einen wundervollen Ausflug in den Wald (wohin sonst?!) gemacht und auf dem Weg dorthin in einem niedlichen Bauernladen ein wenig soul food eingekauft.

Auf dem Nachhauseweg habe ich Essen bei einem großartigen Restaurant im Ort bestellt, das uns geliefert wurde. Und wir haben es auf dem Balkon in der warmen Abendsonne gegessen.

Klar, das Baby hat zwischendurch geschrien, die Laune der Dreijährigen war auch nicht durchgehend eitel Sonnenschein, aber ich habe den Tag sehr genossen. Und zumindest musste ich mir in diesem Jahr keine Gedanken darüber machen, ob und wie genau ich feiern soll.

Ich werde nachfeiern

Wenn der ganze Mist erst mal vorbei ist, hole ich das aber nach. Mit Umarmungen, anstoßen, einander nahe sein. Mit Freunden, die mir jetzt jeden Tag fehlen – und die zum Teil wirklich unerreichbar weit weg sind, weil sie ein paar Kilometer in der falschen Richtung leben. Auf der Schweizer Seite nämlich, die derzeit unüberwindbar ist.
Aber eines Tages wird das alles nur eine außerordentliche Anekdote sein. Ich freue mich drauf, wenn es soweit ist!

Tag 32, 16. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 19:45Uhr: 130.450

Heute Nacht habe ich geträumt, dass ich eine Freundin besucht habe. Sie hat mir – wirklich – gestern ein paar Stoffwindeln zum Kauf angeboten. Ich habe geträumt, dass ich sie besucht habe. Die Windeln waren in dem Traum eher Nebensache. Ich habe mich mit ihr unterhalten, ich war bei ihr, es war wie früher.

Dann bin ich aufgewacht und habe realisiert, dass ich mich heute wieder mal mit niemandem treffen werde. Ich frage mich: Was ist eigentlich besser? Ein normaler Alltag, aber dafür Alpträume? Oder ein Corona-Alltag mit schönen Träumen?

Schmetterlinge und Tränen

Ein wenig miesepetrig habe ich dann mein Sportprogramm durchgezogen und im Anschluss die Wohnung geputzt. Dieses Mal habe ich das Reinemachen einen Tag vorverlegt. Denn morgen habe ich Geburtstag! Um nicht die ganze Zeit an meinen wahrscheinlich eher einsamen Ehrentag zu denken, habe ich mich und die Kinder am Nachmittag noch eine ganze Weile lang in den Wald verlegt.

Dort gab es frühlingsgrüne Blätter, Schmetterlinge, große Stöcke, tolle Wurzeln und Steine – aber auch jede Menge Grund auszurasten. Die Dreijährige ließ ihren Tränen immer mal wieder freien Lauf. Normal. Immerhin hat das Baby friedlich im Tragetuch geschlummert.

Tag 31, 15. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 20:16 Uhr: 127.584

„Nein, lass das! So geht das nicht!“ Hä? Was war das denn? Ich wurschtel in der Küche vor mich hin und höre meine Tochter im Wohnzimmer diese Worte sagen. Der Mann arbeitet in einem anderen Zimmer, das Baby ist bei mir. Mit wem spricht mein Kind? Ist es soweit? Hat die Dreijährige sich einen imaginären Freund zugelegt, weil sonst niemand mit ihr spielen darf?

Mein imaginärer Freund Bertram

Den Rest des Tages höre ich sie mit niemandem außer uns reden. Doch ich finde die Idee, dass ein unsichtbarer Freund bei uns einziehen könnte, immer attraktiver. Wir alle sehnen uns nach neuen Gesprächspartnern – und seien es unsichtbare.

Ich überlege mir, wer mein eingebildeter Freund sein könnte. Wie wäre es, wenn er Bertram hieße? Bertram ist nur 1,50 Meter groß, hat einen Bart, der nicht mehr so ganz hipsterig aussieht, weil der Frisör schon zu lange geschlossen hat, und er schlägt mir vor, dass ich ja mal Longboard fahren lernen könnte. Hmm. Warum nicht? Ich brauche neue Herausforderungen! Ich werde euch auf jeden Fall auf dem Laufenden halten.

Mein Freund Roggi

Bis ich es wirklich auf das Board wage, werde ich noch beobachten, wie sich mein anderer Freund Roggi so entwickelt. Roggi ist mein Roggensauerteig, den ich gestern angesetzt habe. Ich füttere ihn jetzt jeden Tag. Das macht ihn sauer. Das ist ähnlich wie bei meiner Dreijährigen. Auch sie bekommt von mir regelmäßig zu essen – und ist regelmäßig sauer auf mich. Genau wie das Baby. Manchmal meckert es noch, während es an meiner Brust hängt. Läuft hier bombe, wie ihr euch denken könnt!

Derweil geht es mit meinem Stoffwindel-Vorhaben auch noch super weiter. Heute kamen zwei weitere Überhosen mit der Post an, die dafür sorgen werden, dass wir seltener zum gegebenenfalls virenverseuchten riesigen Mülleimer unseren Mehrfamilienhauses latschen müssen, um den Windelmüll zu entsorgen.

Basteln mit Klopapierrollen

Und sonst so? Zum Abendessen stand heute Pizza auf dem Plan. Ich hab halt zu viel Hefe und Mehl gehamstert. Und vorhin hat sich meine Tochter ein neues Bastelprojekt für morgen ausgesucht: Sie will eine Meerjungfrau aus einer Klopapierrolle basteln. Davon haben wir natürlich auch mehr als genug! Bis dahin und viele social distance Grüße!

Tag 30, 14. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 20:52 Uhr: 125.098

Ich glaube, ich kann jetzt bis zum Herbst Zwetschgen-Chutney und –Mus essen. Ich habe gestern und heute etliche Gläser davon eingekocht. Die eingefrorenen Zwetschgen sind jetzt Geschichte und in der Tiefkühltruhe ist wieder Platz für viele weitere Back- und Kochprojekte, mit denen wir uns die Corona-Zeit vertreiben. Langeweile hat keine Chance!

Sporty Family

Heute hatten wir mal wieder ein strammes Morgenprogramm mit Mama-Sport, Smoothie, Telefonverabredung mit Oma und Opa – und eigentlich auch Kindersport. Aber die Trainer von ALBA Berlin haben die heutige Sportstunde erst ungewöhnlich spät hochgeladen. Da saßen wir um 9 Uhr vorm Laptop und haben die Seite immer wieder aktualisiert.

Doch YouTube ist halt kein durchgetaktetes Fernsehprogramm wie früher. Und manchmal liegen die Vorteile der Spontaneität eben nicht auf der Seite der Zuschauer, sondern auf der Seite der Produzenten. Was soll’s.

Aber meine Tochter hat ihre Sporteinheit nicht vergessen, am Nachmittag bestand sie darauf, das Programm nachzuholen. Also schaltete ich ein und turnte zehn Minuten lang alleine vorm Laptop herum, während sie auf ihrem großen Plüschpferd saß. Erst als ich kurz davor war auszuschalten, hat sie sich erbarmt und ist mit mir wie ein Krebs auf allen Vieren durchs Wohnzimmer getrippelt.

Und wieder mal in den Supermarkt

Am Nachmittag mussten wir mal wieder zum Supermarkt. Das ist doch nicht zu fassen. Da kann man die ganze Wohnung voll mit Produkten schaufeln – und irgendwas fehlt dann doch ständig. Heute war die CO2 Flasche unseres Sprudelautomaten leer, mit dem wir aus fadem Leitungswasser spritziges Sprudelwasser zaubern. Zum Glück muss ich dafür nur beim Supermarkt an die Infotheke und die Ladenfläche nicht einmal betreten.

Meine Tochter konnte ihr Glück kaum fassen, als ich ihr erlaubt habe, mich dabei zu begleiten. Endlich mal ein Ausflug in die Zivilisation, nicht immer nur in den Wald. Wie leicht man Kinder doch manchmal glücklich machen kann.

Tag 29, 13. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 20:50Uhr: 123.016

Ostermontag ist bei mir in diesem Jahr Schwermut-Montag. Ich war den ganzen Tag lang niedergeschlagen. Keine Osterfeier mit meinen Eltern, kein gemeinsames Essen oder Kaffeetrinken, kein gemeinsames Rumgesitze auf der Terrasse oder Spazierengehen.

Klar hätte es mich schlechter treffen können. Wir haben heute als Kleinfamilie gemeinsam Kaffee getrunken und Kuchen gegessen, waren mal wieder in einem anderen Wald spazieren und hatten insgesamt eine schöne Zeit. Aber wenn sich die Schwermut mal festgesetzt hat, hilft das alles nicht viel. Ihr wisst, was ich meine…

Pflaumenmus im Frühling

Mein Trost ist, dass es mir für gewöhnlich nie lange so geht. Wahrscheinlich sehe ich die Welt morgen schon wieder rosiger. Und wenn schon nicht rosig, dann wenigstens blau-lilafarben. Ich habe nämlich einen großen Sack voller Zwetschgen aus der Tiefkühltruhe genommen.

Mir hatte seit Langem die Zeit gefehlt, die mal zu verarbeiten. Also mache ich heute zwei verschiedene Chutneys und morgen dann noch Pflaumenmus daraus. Ungewöhnlich für den Frühling. Aber was ist momentan schon normal?

Sollte ich eine Fernsehzeit einführen?

Heute habe ich mich auch mal wieder mit dem Gedanken beschäftigt, was sein wird, wenn der Kindergarten tatsächlich bis zum Sommer geschlossen bleibt. Ich überlege ernsthaft, für den Fall eine feste Fernseh-Zeit jeden Tag für meine Tochter einzuführen.

In den vergangenen Wochen hat sie zwei Mal etwas schauen dürfen. Die restliche Zeit lang habe ich sie mit basteln, schaukeln, spazieren gehen, malen, backen und so weiter bespaßt. Das ist alles schön. Aber am Schwermut-Ostermontag bezweifle ich, dass ich das noch monatelang so weiter machen kann.

Und jetzt erst mal Tschüß! Bis morgen. Ich hoffe, es wird Motivations-Dienstag sein…

Tag 27 und 28

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 19:38 Uhr: 120.479

Hoch die Hände, Oster-Wochenende! Der Samstag war fast so stressig wie zu nicht-Corona-Zeiten. Nach Sport, Müsli (ui, kein Smoothie dieses Mal) und ersten Backvorbereitungen für Ostern, sind wir in den Nachbarort aufgebrochen, um etwas von eBay Kleinanzeigen abzuholen.

Ich frage mich, ob ich die nette Frau ein wenig zu sehr vollgequatscht habe. Aber es dürstet mich nach sozialen Kontakten. Und wenn ich schon mal die Gelegenheit habe, mit einem Menschen zu sprechen, der mir wahrhaftig gegenüber steht, dann muss ich das doch auch tun, oder?

Immer schön grüßen

Bei meiner Dreijährigen beobachte ich übrigens ein ähnliches Verhalten. Sobald sie irgendjemanden sieht, der auch nur halbwegs in Hörweite ist, ruft sie so oft „Hallo!“ bis sie eine Antwort bekommt. Das Mädchen wird richtig höflich. So viel hat sie vorher nie gegrüßt.

Nach der eBay Aktion sind wir weitergefahren, um spazieren zu gehen. Dieses Mal nicht beim ständig überfüllten Trimm dich Pfad, sondern auf einem nahegelegenen Berg mit schöner Aussicht. Aber da war fast noch mehr los, als auf dem anderen Weg. Das Tragische ist ja, dass die Schweizer Grenze dicht ist. Und jetzt müssen alle, die in dieser Gegend wohnen, auf deutscher Seite spazieren gehen. Das führt natürlich überall zu Menschenansammlungen.

Weshalb wir so viel Klopapier verbrauchen

Nach dem Slalomlauf durch den überfüllten Spazierweg haben wir noch beim Supermarkt Halt gemacht. Ich brauchte Marzipanrübli für die Rüblitorte, die es am heutigen Ostersonntag gegeben hat. Ich habe zwar schon vor mindestens einer Woche welche im Internet bestellt, die mindestens dreimal so teuer waren wie dieselben aus dem Supermarkt, aber sie sind immer noch nicht angekommen.

Also rein in die Gefahrenzone Supermarkt. Dort war es dann aber deutlich entspannter als auf dem Waldweg. Ich glaube, ich habe noch nie vor einem Feiertagswochenende mit so wenig anderen Menschen eingekauft.

Was noch in den Einkaufswagen kam? Klopapier natürlich! Nein, wir hamstern das nicht. Aber wir haben derzeit einen Verbrauch von ungefähr einer Rolle am Tag. Als ich meine Tochter kürzlich gefragt habe, wie viel Klopapier sie benutzt, wenn sie auf die Toilette geht, breitete sie ihre Arme aus, schaute mich Freude strahlend an und sagte: „So riesenviel!“ Aha.

Nach diesem aktionsreichen Tag waren wir völlig hinüber. So viele Aktivitäten hatten wir seit Wochen nicht mehr an einem einzigen Tag.

Der Osterhase war da!

Zum Glück war der Ostersonntag entspannter. Der Osterhase hat fleißig Schokoeier im Garten rund ums Haus abgelegt, die Rüblitorte hat uns nach der Suchaktion gestärkt – und wir waren sogar mit ganz ganz viel Distanz bei Oma und Opa. Die Risikogruppe blieb auf der Terrasse oben am Haus, wir waren unten im Vorgarten.

Klare Regeln sind mir sehr wichtig, damit mein Kind bei so einer Aktion nicht verunsichert wird und große Abstände wirklich eingehalten werden. Unten im Vorgarten gab es dann noch einige Osterüberraschungen zu finden. Das Kind war glücklich – was es aber nicht davon abgehalten hat, auf dem Nachhausweg doch noch aus unterschiedlichsten Gründen schlechte Laune zu bekommen. Irgendwas ist halt immer. Ich bin gespannt, was es morgen ist!

Tag 26, 10. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 19:20 Uhr: 113.525

Karfreitag! Der Tag des Leidens, der Einsamkeit, des sich unverstanden und verlassen Fühlens. Ich glaube, es gab noch nie einen Karfreitag, an dem meine Gefühle so sehr mit dem Feiertag übereingestimmt haben. Nun ja. So richtig schlecht habe ich mich heute nicht gefühlt. Immerhin schien die Sonne, die nächste Gemüsekisten-Lieferung ist angekommen, wir haben gebastelt, Sport und Kindersport gemacht.

Ein Bett aus Einsamkeit

Aber all die schönen Dinge passieren natürlich momentan auf einem Bett aus Einsamkeit. Es werde ein einsames Osterfest, sagte mir mein Mann heute. Ich habe die Stirn gerunzelt. Immerhin sind wir vier Personen, eine richtige Familie. Aber zurecht sagte er, mit Blick auf den wunderbaren Sonnenschein, dass wir jetzt ohne Corona wahrscheinlich auf der Terrasse meiner Eltern sitzen würden.

Hach ja. Die Sonnenterrasse meiner Eltern. Wie schade! Ich frage mich, ob wir uns an Ostern so glücklich und erlöst fühlen können, wie es zu dem Feiertag passend wäre. Ich wage es zu bezweifeln, aber man weiß ja nie.

Putzen mit Christian Drosten

Mein persönliches Highlight des Tages: Heute war trotz Feiertag mal wieder Putztag. Höchste Zeit! Schon seit mehreren Tagen war es einfach nur ein widerlicher Slalomlauf, Barfuß durch die Wohnung zu gehen. Staub und Krümel allerorten.

Da heute Feiertag war, musste mein Mann nicht im Homeoffice arbeiten, hat die Kinder mit nach draußen genommen und ich habe zu Christian Drostens Corona-Podcast ganz in Ruhe geputzt. Zeit für mich! Noch nie in meinem Leben habe ich lieber geputzt. Diese Worte zu schreiben, erschreckt mich einfach nur. Wenn die Corona-Zeit vorbei ist, werde ich mir wieder unspießigere Hobbies suchen. Ehrlich!

Tag 25, 9. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 19:25 Uhr: 108.202

Nach dem Sport gab es heute ein Schoko-Porrdige mit Kokosraspeln, Banane, Mandel- und Haselnusssplittern. Man muss ja die Corona-Zeit auch irgendwie genießen. Im Anschluss haben wir mal wieder eine kleine Bastelsession veranstaltet, Blumen gemalt, Hasen ausgeschnitten und verschwenderisch viel Kleber benutzt. Ostern kann kommen!

Begegnung mit der besten Freundin

Da die Sonne munter vor sich hin scheint, gab es keine Ausrede, auf den Gefängnisausgang zur Mittagszeit zu verzichten. Also raus. Als meine Dreijährige Nachbarskinder miteinander spielen sah, drehte sie ohne ein Wort zu verlieren in die andere Richtung um. Wenig später begegnete sie ihrer besten Freundin, die im Haus nebenan wohnt. Die beiden sind zu nicht-Corona-Zeiten geradezu unzertrennlich und machen schon Freudensprünge, wenn sie sich nur von weitem sehen. Heute haben sich die beiden kaum angeschaut.

Meine Tochter hat sich hinter mir versteckt, ihre Freundin hat sich weggedreht. Ich habe versucht das Eis zu brechen: „Ich freue mich schon, wenn ihr beiden wieder miteinander spielen dürft“, habe ich gesagt. Und: „Vermisst du uns auch schon?“ Keine Antwort. Nach einer Weile dann: „Wegen Corona müssen wir Abstand halten.“ Dann sind beide Kinder ihre Wege gegangen.

Und ich frage mich, ob Psychologen eigentlich schon Langzeitstudien anfangen, die die Folgen dieser sozialen Distanz für Kinder untersuchen. Es kommt mir fast vor, als wäre Corona sowas wie der neue Freund der Mädchen. Seinetwegen sind sie jetzt Ex-Freundinnen und begegnen sich beschämt und kurz angebunden, wie es Ex-Freunde eben tun.

Zuhause sagte mir meine Dreijährige sogar: „Es war doof, dass wir sie gesehen haben. Sie ist nicht mehr meine Freundin. Nur meine Schwester ist noch meine Freundin.“

Die wahren Gefühle kommen zum Vorschein

Ein weiterer Gefängnisausgang am Nachmittag: Wieder ist die ehemals beste Freundin draußen. Dieses Mal trauen sich die beiden, ihre wahren Gefühle zuzulassen. Die Freundin sagt wieder: „Abstand halten wegen Corona“, aber die beiden schnappen sich dennoch ihre Roller und fahren mit einigem Abstand zueinander lachend die Straße herauf und herunter. Ich werde ein wenig nervös, aber lasse sie eine Weile lang fahren. Wann hat das alles nur ein Ende?

Eine große Torte voller Einwegwindeln!

Am Nachmittag wurden wir außerdem von einem riesigen Paket überrascht. „Da ist bestimmt ein Auto drin“, meinte meine Erstgeborene. Nun ja, so groß war es nun auch wieder nicht. Es war ein Geschenk fürs Baby: Eine Windeltorte! Eine Aufmerksamkeit einer Freundin, die etwas weiter weg wohnt.

Eigentlich wollte sie mir das Geschenk schon Ende Februar bei einem Besuch vorbei bringen. Damals war Corona noch kein unfassbar großes Thema. Aber es gab den klitzekleinen Verdacht, dass ein Arbeitskollege meines Mannes sich vielleicht infiziert haben könnte. Deshalb ist die Freundin nicht zu mir gekommen.

Am Ende war sein Test negativ. Aber zu dem Zeitpunkt habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass dieses Virus mein Leben verändert. Mein Besuch sagt ab, weil eine potenzielle Gefahr besteht. Tja. Und nun kam die Windeltorte eben per Post. Ein paar Tage, nachdem ich angefangen habe, auf Stoffwindeln zu wechseln. Wie könnte es anders sein! Aber ich freue mich über die Öko-Windeln, aus denen die Torte besteht. Dann fahre ich halt mit dem Projekt Weltrettung durch Müllvermeidung fort, sobald die Windeln alle weggeworfen sind.

Tag 24, 8. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 17:15 Uhr: 103.228

Tief durchatmen, keine Pflichtprogramme durchziehen, den Tag entschleunigen, das ist mein Motto für heute, nachdem ich den gestrigen Tag ja als extrem stressig empfunden habe. Die erste Woche im Corona-Ausnahmezustand war ja bisher die schönste. Und ich glaube, das lag daran, dass ich sehr stark im Moment gelebt habe und keine überzogenen Erwartungen hatte.

Der Vormittag verlief heute auch wirklich gut. Nach meinem Sportprogramm (ok, ein wenig Pflicht darf sein), haben wir auf den Kita-Sport verzichtet. Das finde ich zwar schade, aber meine Dreijährige hat in den letzten Tagen immer weniger mitgemacht. Und ich wollte auch nicht alleine vorm Laptop herumturnen.

Als ich sie in den letzten Tagen ermahnt hatte, mitzumachen, weil ich sonst ausschalte, hat ihr das aber auch nicht gefallen. Der erste Stressmoment des Tages war also gegen 9 Uhr beim Kindersport da. Kurz vorher oder nachher haben wir unser Frühstück in uns hinein geschaufelt, weil das Morgenprogramm schon so voll war.

Ommmm, immer schön ruhig bleiben!

Heute war also alles schon mal entspannter. Nach dem Smoothie-Frühstück haben wir gemalt, Blümchen aus Papier ausgeschnitten und aufgeklebt. Alles ruhig, langsam, ohne irgendwelche Erwartungen oder irgendeinen Druck, dass bald das nächste Programm folgen muss.

Als meine Tochter mich zwischendurch doch mal wieder von ihrem Geburtstag ausgeladen hat, bin ich seelenruhig geblieben und sie ist auch wieder ruhig geworden. So gefällt mir unser Zusammensein schon wieder besser.

Die Dreijährige will gar nicht mitspielen

Kurz vorm Mittagessen waren wir wie immer draußen. Da hat meine Dreijährige gesehen, wie Kinder aus der Nachbarschaft miteinander spielen. Sehnsüchtig hat sie zugeschaut und gesagt: „Aber die dürfen das doch nicht!“ Darauf ich: „Ja, eigentlich nicht. Und es tut mir auch so leid, dass du nicht mitspielen darfst.“ Und sie: „Das macht aber nichts.“ Ich freue mich über ihre Einsicht, bin aber gleichzeitig bestürzt, wie selbstverständlich die soziale Distanz für sie bereits geworden ist. Als ihr ein Mädchen zu nahe gekommen ist, hat sich meine Tochter hinter mir versteckt.

Am Nachmittag lüfte ich meinen Kopf bei einem Spaziergang zur Post aus. Ich habe mal wieder meinen freien Nachmittag und bringe endlich den Elterngeldantrag weg, der immerhin fast vollständig ist. Auf dem Weg dorthin muss ich noch etwas bei meinen Eltern abholen. Selbstverständlich halten wir die gebotene Distanz ein.

Auf dem Weg nach Hause denke ich darüber nach, wie lange dieses Abstandsgebot eigentlich noch gelten soll. Ich möchte nicht, dass die verordnete Distanz zu einer echten Distanz in der Beziehung zwischen den Großeltern und ihrer Enkelin führt. Ein furchtbares Dilemma, in dem wir alle stecken. Irgendeine Lösung muss es doch geben!

Mein unfreiwilliges zero waste Projekt

Aber nun zu etwas Erfreulicherem: Ich habe mein Baby heute den ganzen Tag lang mit Stoffwindeln gewickelt! Es ist überraschend einfach und bisher auch noch gar nicht eklig. Ich habe mich für das System Überhose und Mullwindel als Einlage entschieden. Dabei tauscht man die volle Mullwindel beim Wickeln aus und kann die wasserdichte Überhose so lange benutzen, bis sie müffelt oder sich etwas Kacki an sie verirrt hat, das man abwaschen sollte. Wer hätte gedacht, dass Corona bei mir zu einem neuen zero waste Projekt führen würde!

Tag 23, 7. April 

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 20:45 Uhr: 99.225

Heute Abend fühle ich mich wie eine Gefangene im Corona-Ausnahmezustand. Und dieses wohlige Gefühl von Stockholm-Syndrom ist gerade in den unendlichen Weiten der leeren Straßen hinweggefegt. Das Baby scheint sich in einem Entwicklungsschub zu befinden und schreit und meckert gerade viel. Die Dreijährige scheint zum Baby zu degenerieren und schreit und meckert gerade viel.

Ab zum Bauernladen

Zu allem Überfluss sind natürlich genau in der Woche vor Ostern keine Eier bei meinem Biobauernhof mehr bestellbar, der mir jede Woche meine Biokiste liefert. Wann brauche ich schon mal Eier? Ja genau, ungefähr einmal im Jahr, zu Ostern! Ich setze ja meistens auf vegane Alternativen, aber ich brauche diese Woche halt einfach Eier. Also bin ich mal wieder zum Bauernladen meiner Wahl gefahren. Mit den Kindern im Auto.

Da es heute wirklich sehr warm war, habe ich das Baby im Tragetuch mit in den Laden genommen. Die Erstgeborene durfte auf dem Platz vor dem Laden sitzen und Äpfel und Rosinen futtern. Der ganze Trip hat mit Geschrei begonnen und endete mit Geschrei.

Sogar das Auto nervt rum

Und auf dem Weg zum Bauernladen hat mein Auto mir mitgeteilt, dass die Reifen zu wenig Druck haben. Bei der Tankstelle standen schon zwei andere Autofahrer Schlange an der Luftstation. Als ich endlich dran kam, durfte ich feststellen, dass der Druck völlig in Ordnung war. Wahrscheinlich ein Einstellungsfehler nach dem Reifenwechsel letzte Woche.

Ich bin müde, angestrengt, genervt. Im Moment schlafen beide Kinder, aber mir klingeln immer noch die Ohren von dem ganzen Geschrei. Zum Glück wird das Klingeln von der Dunstabzugshaube übertönt. Die klingt auf der höchsten Stufe wie eine Autobahn. Mich stresst das total, aber das Baby schlummert dazu immer ganz gut ein. Und ein unentspanntes Baby stresst mich noch mehr als eine Dunstabzugshaube auf der Überholspur. Und damit trete ich diesen Tag in die Tonne und sage: Bis morgen. Kann ja nur besser werden!

Tag 22, 6. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 18:08 Uhr: 95.391

Aufgrund des Schlafmangels der vergangenen Woche habe ich es mir gegönnt, heute bis um 8 Uhr zu schlafen. Ab dann beginnt mein Mann im Schlafzimmer zu arbeiten, ich muss es also räumen. Das Baby hat noch geschlafen, also ab auf die Sportmatte!

Aber klar, wer lange schläft, muss mit dem Schlimmsten rechnen. Das Baby ist nach zehn Minuten aufgewacht und fand Mamas Sportlaune nicht so lustig. Da lag es also auf der Sportmatte, hat geschrien, obwohl ich es doch eben noch gestillt hatte. Die Dreijährige ließ sich von diesem hochmusikalischen Geschrei inspirieren und packte ihre Flöte aus. Dazu lief wie immer das Biene Maja Hörspiel in Dauerschleife – und meine Sport-App hörte nicht auf, mich zu motivieren: „Weiter so! Jetzt bloß nicht aufgeben!“

Ein reizüberflutender Nachmittag

Nach diesem alle Sinne ansprechenden Vormittag habe ich endlich mal wieder ein Mittagsschläfchen gemacht. Ich finde es zwar total absurd, mitten am Tag zu schlafen, aber es tut so gut! Jetzt am Abend fühle ich mich dadurch nicht total überfahren.

Den Nachmittag haben wir dann auch erstaunlich schnell hinter uns gebracht: Wir haben Osterplätzchen gebacken, Burger fürs Abendessen vorbereitet und auf der Wiese Gänseblümchen gepflückt. So viele schöne Dinge! Kein Wunder, dass das Baby vor lauter Reizüberflutung eben erst mal eine gute halbe Stunde am Stück geschrien hat. Mir klingeln immer noch die Ohren.

Ich dachte, es schläft jetzt. Aber es gibt aus der Wiege heraus gerade merkwürdige Geräusche von sich. Es gnade mir Gott! Ich mache mir jetzt erst mal ein alkoholfreies Feierabendbier auf und lasse den Rest des Tages geschehen. Prost!

Tag 20 und 21, 4. Und 5. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 18:08 Uhr: 91.714

Und schon wieder Wochenende! Die dritte Woche im Corona Ausnahmezustand ist zu Ende. Ich habe ein bisschen Zeit „für mich“ bekommen, in der ich mal wieder Formalitäten erledigt habe. Der Elterngeldantrag stand (und steht) immer noch auf der to do Liste. Die Liste an Anträgen ist viel zu lang und die Zeit ist rar, wenn man den ganzen Tag vor allem bastelt, spazieren geht oder Biene Maja als Hörspiel hört.

Prinzessin Elsa baut Lego Technik

Während ich so vor mich hin getüddelt habe, hat mein Mann mit der Dreijährigen Lego Technik gebaut: Zuerst ein Motorrad und dann ein Rennauto. Unsere Erstgeborene kann gar nicht genug bekommen von diesen Bausätzen. Und zwischendurch steht sie auf, rennt in ihr Zimmer, kommt mit einem Einhorn-Zopfgummi wieder und fragt ihren Vater, ob er ihr einen Elsa-Zopf machen kann. Wenn’s weiter nichts ist!

Am Samstag haben mein Mann und ich abwechselnd auf die Kinder aufgepasst, damit jeder auch mal etwas Zeit zur freien Verfügung hatte. Er hat sie besser genutzt als ich: Und zwar mit einer ausgiebigen Fahrradtour. Will auch!

Luft anhalten, Gegenverkehr!

Am heutigen Sonntag sind wir dann zusammen losgezogen. Mal wieder zum Trimm dich Pfad in der Nähe, den unsere Tochter so liebt. Damit ist sie nicht allein. Der Weg ist zurzeit ungefähr so voll wie IKEA an einem Samstag zu nicht-Corona-Zeiten. Mein Mann hat jedes Mal die Luft angehalten, wenn er an jemandem vorbeigehen musste. Er wäre fast erstickt.

Das Highlight des Wochenendes war aber der Artikel, der über mein Corona-Tagebuch in der Badischen Zeitung erschienen ist. Hier könnt ihr ihn lesen!

Tag 19, 3. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 19:35 Uhr: 79.696

Hoch motiviert bin ich heute Morgen aus dem Bett in den Putzeimer gefallen. Ich habe heute auf meinen Morgensport verzichtet, um den wöchentlichen Wohnungsputz schon zu beginnen, während das Baby noch schläft. Leider hatte ich nicht mit der Dreijährigen gerechnet, die unbedingt und sofort ihr Frühstück verlangt hat.

Also haben wir in Ruhe gefrühstückt, während das Baby geschlafen hat – und ich habe geputzt, während der Säugling geschrien hat. Ein Nebel aus Müdigkeit ist den ganzen Vormittag lang um mich herum gewabert.

Als ich ab dem Mittag für den Rest des Tages frei hatte, weil mein Mann das Kleinkind übernommen hat, habe ich mich mal wieder an Nervzeug gemacht, das erledigt werden musste. Der Müdigkeitsnebel blieb, das machte alles nur noch nerviger. Am heutigen Freitag ist die Woche ja schon fast vorbei und ich ziehe ein durchwachsenes Fazit. Mein Geduldsfaden wurde immer rissiger, irgendetwas stimmte nicht.

Hups, Mittagsschlaf vergessen

Nach einigem Überlegen ist mir zum Glück bewusst geworden, was diese Woche anders war: Ich habe mich mittags, während mein Mann mit der Dreijährigen gegessen hat, nicht wie in den ersten beiden Corona-Wochen hingelegt, sondern habe viel zu viel vor mich hin gewuselt. So bin ich von Tag zu Tag müder und leider auch genervter geworden. Ich gelobe Besserung für die kommende Woche! Ein Hoch auf den Mittagsschlaf.

Nachdem ich euch ja gestern von unserem lebensmittelverschwendenden Kartoffeldruck erzählt habe, kann ich euch heute von einem alle Lebensmittel nutzenden Abendessen berichten: Quasi als Ausgleich für die Verschwendung von gestern habe ich heute zum Abendessen eine Suppe aus Blumenkohlblättern gekocht. Man nehme 450 Gramm Blumenkohlblätter, einen Liter Wasser, zwei Teelöffel Gemüsebrühe, etwas Salz, Pfeffer und Muskatnuss, koche das ganze eine knappe halbe Stunde und püriere es klein. Der Biomüll schmeckt wirklich gut!

Das zero waste Highlight des Tages

Das zero waste Highlight meines Tages war allerdings die Stoffwindel, die ich meinem Baby heute angezogen habe! Zum Ausprobieren habe ich mir diese Woche eine bei ebay Kleinanzeigen gekauft. Wir sitzen ja momentan quasi zuhause fest und haben jede Menge Zeit, Wäsche zu waschen. Der kleinen Dame war der Wechsel von der Wegwerfwindel zur überdimensionierten Stoffwindel total egal. Mein Fazit steht noch aus, aber nach bisher einem Mal Windeln wechseln kann ich beim besten Willen noch nichts Negatives berichten!

Tag 18, 2. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 17:46 Uhr: 73.522

Nach Sport und Smoothie haben wir heute mal etwas ganz besonderes gemacht: Wir haben ein weißes T-Shirt mit Kartoffeldruck verschönert. Meine Mutter hatte uns Textilfarben und Pinsel zur Beschäftigung gegeben, also war der Vormittag gerettet.

Ich habe meiner Tochter erlaubt, sich vier Motive für den Kartoffeldruck zu wünschen. Dafür musste ich zwei Kartoffeln opfern. Sie wählte ein Herz, einen Stern, ein Eis am Stiel und ein Kleeblatt. Als ich die Kartoffeln dafür ausgewählt habe und die Motive hineingeschnitzt habe, kam mir das Vorhaben ziemlich irrsinnig vor.

Auf Lebensmittelverschwendung habe ich derzeit nämlich noch viel weniger Lust als sonst. Denn je weniger Lebensmittel wir haben, desto früher müssen wir wieder einkaufen.

Damit die beiden Kartoffeln nach dem Bastelvormittag nicht total verschwendet sind, habe ich sie übrigens eingefroren. Keine Ahnung, wie sich die rohen, in Form geschnitzten Kartoffeln dadurch verändern werden, aber einen Versuch ist es wert. So können wir vielleicht demnächst dieselben Kartoffelstempel wieder zum Gestalten verwenden.

Überall Corona-Überlastung

Gegen Mittag hatte ich mal eine gute Stunde „für mich“, beziehungsweise eher: Für nervigen Bürokratiekram. Ich musste mich um Themen wie Elterngeld und Krankenkasse kümmern. Dafür fehlen mir momentan noch einige Unterlagen, die wegen Corona-Überlastungen der Ämter noch auf sich warten lassen. Außerdem ist es momentan wegen der fehlenden Kinderbetreuung echt eine Herausforderung, die nötige Zeit für diesen Nervkram zu finden.

Am Nachmittag haben dann doch mal Oma und Opa Babysitting per WhatsApp Videotelefonie gemacht. Und danach haben wir noch ein wenig Zeit draußen totgeschlagen. Wir sind bis zu dem Bauzaun gegangen, der uns den Waldweg zur Schweiz derzeit stark verkürzt, weil ja die Grenze wegen Corona dicht ist. Wir haben uns Stöcke gesucht und damit – natürlich sachte – gegen den Bauzaun geschlagen. Meine Dreijährige hatte das vorgeschlagen: „Musik machen!“ Ich dachte mir: Warum nicht? So viel Anarchie muss sein.

Tag 17, 1. April

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 20:29 Uhr: 67.366

Meine Dreijährige sagt zwar auf Nachfrage ständig, dass sie den Kindergarten nicht vermisst, sondern nur ihre Freundin Laura. Aber so ganz kann ich mir das nicht vorstellen. Allein heute Vormittag habe ich den aggressiv ausgesprochenen Satz „Dann darfst du nicht zu meinem Geburtstag!“ bestimmt dreimal zu hören bekommen. Weil ich ihr nicht auch noch die fünfte Geschichte vorgelesen habe. Weil sie nach dem Frühstück nicht auch noch einen Lolli haben durfte. Weil ich ihre kleine Schwester baden wollte und erst danach spielen konnte.

Ich schätze, Kinder brauchen Konflikte. Man lernt ja sicherlich wahnsinnig viel dabei, wenn man sich an anderen reibt. Während der Corona-Zeit hat sie ja nur uns dafür. Die kleine Schwester taugt noch nicht für Streitereien, dann müssen eben die Eltern her.

Was jetzt hilft? Tief durchatmen, sich die Antwort „Dann darfst du auch nicht zu meinem Geburtstag!“ verkneifen, erst einmal schweigen – und dann ganz ruhig fragen: „Was ist denn los? Warum bist du so wütend?“ Die überraschende Antwort: „Weil ich kuscheln will!“ Nähe, Spiel, Interaktion – all das gibt es eben auch nur von uns Eltern. Nicht von den Freundinnen, auch nicht von den Grosseltern. Also nehme ich sie in den Arm.

Die Wanderung zur Werkstatt 

Am Nachmittag habe ich mal wieder „frei“ und heute ein ganz besonderes Vorhaben: Ein rund einstündiger Spaziergang mit Baby im Tragetuch zur Werkstatt, um das Auto abzuholen. Meine Eltern können mich ja nicht fahren momentan, den Bus will ich auch nicht nehmen. Und überhaupt: Die Sonne scheint, Bewegung tut gut, der Kopf wird frei, was will man mehr?!

An der Tür verabschiedet mich meine Dreijährige mit den Worten: „Du darfst zu meinem Geburtstag kommen. Alle dürfen kommen. Meine Freunde, du, Papa, meine Schwester, Oma und Opa!“ Ich hoffe, sie hat Recht. Der Geburtstag ist im Juli.

Im Büro der Werkstatt sehe ich noch, wie die Sekretärin zwei Autoschlüssel mit einem Tuch vom Tresen nimmt, das sie gerade mit Desinfektionsmittel besprüht hat. Mein Lenkrad und der Schaltknauf sind in Frischhaltefolie eingewickelt. „Es ist, wie es ist“, sagt die Sekretärin. Heute habe ich ein bisschen die Schnauze voll davon, dass es ist, wie es ist. Aus Protest würde ich am liebsten die Straße ablecken. Aber das lasse ich lieber…

Tag 16, 31. März

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 21:18 Uhr: 61.913

Gestern habe ich die fiese Drohung meiner Dreijährigen kassiert, dass ich nicht zu ihrem Geburtstag kommen darf, weil ich es gewagt habe einen grünen Smoothie mit Spinat zum Frühstück zu machen. Heute konnte ich sie mit einem Schokosmoothie besänftigen.

Und seit der Zeitumstellung habe ich auch beim Morgensport meine Ruhe, denn das Baby lebt noch nach der Winterzeit und gönnt mir so eine Stunde in Ruhe und Frieden am Morgen. Insgesamt kein schlechter Start in den Tag.

Persönlicher Gruß vom Osterhasen

Als ich gegen Mittag mit meinen beiden Töchtern aus dem Haus gegangen bin, habe ich gerade noch den Postboten an unserem Briefkasten gesehen. Im Briefkasten lag eine ganz besondere Überraschung für meine Erstgeborene! Der Kindergarten hat Osterpost verschickt. Mit Bastelideen, einem Büchlein mit der Ostergeschichte und einem persönlichen Gruß vom Osterhasen.

Am Nachmittag sind wir noch einmal an die frische Luft gegangen. Dabei haben wir festgestellt, dass der Waldweg, der von uns aus direkt in die Schweiz führt, nicht mehr vom ersten Meter an gesperrt ist wegen Corona. Zunächst habe ich mich riesig gefreut und schon gehofft, dass der gesamte Weg wieder geöffnet ist. Aber nein. Wir leben immer noch in der Sackgasse Deutschlands. Der Weg ist einfach 20 Meter später gesperrt, so dass man noch einen Wanderweg auf einen hohen Berg auf deutscher Seite entlang gehen kann.

Geschenke von Oma und Opa

Als wir von unserer Runde an der frischen Luft wiederkamen, stand ein Päckchen in der Wohnung: von Oma und Opa! Eigentlich war es ein Osterpaket, aber ich fand, wir brauchen die Geschenke jetzt zur Beschäftigung und nicht erst an Ostern. Jetzt haben wir allerlei Back- und Bastelutensilien, Lesestoff und Spielzeug für die nächsten Wochen. Herrlich!

Der Tag hätte so schön enden können, wäre da nicht der Abend gewesen. Mein Mann hat unser Auto zur Werkstatt gebracht, wo es morgen durch den TÜV muss und Sommerreifen bekommt (das Leben geht halt auch mit Corona weiter). Deshalb musste ich die Dreijährige ins Bett bringen, während ich das Baby auf dem Arm hatte.

Leider werde ich nun aus diversen Gründen wohl doch nicht am Geburtstag meiner Erstgeborenen teilnehmen dürfen, wie sie mir mehrere Male unmissverständlich mitgeteilt hat. Sie werde alleine feiern, sagte sie mir voller Überzeugung. Naja okay, ihr Einhorn darf kommen. Und wie um ihr beizupflichten, brüllte das Baby während des gesamten Bettgehrituals auf meinem Arm. Wo ist noch mal mein „Schöner Feierabend“ Tee?

Tag 15, 30. März

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 17:49 Uhr: 57.298

Den heutigen Morgen habe ich mit einem Tee eingeläutet, der „Schöner Feierabend“ heißt. Danach gab es noch einen Kaffee. Denn der Feierabend war dann doch zu weit entfernt.

Nach der üblichen Sportstunde und dem dazugehörigen Smoothie-Frühstück stand heute mal wieder ein Ausflug an: Ich musste einen wichtigen Brief zur Post bringen. Da gegenüber der Drogeriemarkt ist, habe ich beschlossen, danach noch dort einkaufen zu gehen. Mein Baby braucht neue Windeln. Wegen so etwas muss ich mich in Kontaminationsgefahr begeben? Heute denke ich, dass Stoffwindeln wirklich eine attraktive Alternative zu Wegwerfwindeln sein könnten. Ehrlich! Ich bin immer kürzer davor, umzusteigen!

Auf dem Parkplatz im Auto neben mir sitzt eine Frau mit Mundschutz. Die Kundin an der Kasse vor mir kauft eine riesige Packung Klopapier. Alles andere wäre wohl unnormal.

Zeit für schöne Aktivitäten

Ich will ja diese Einkaufstouren wirklich auf ein Minimum begrenzen. Denn ehrlich gesagt stressen sie mich vor allem. Am schönsten am Corona Ausnahmezustand finde ich bisher die vielen ruhigen Tage, an denen man für alles Zeit hat, was man sich schon immer mal vorgenommen hat: Ein Brot mit irre langer Gehzeit backen. Ein Haus für die Dreijährige aus einem riesigen Pappkarton basteln. In Ruhe das Messie-Regal ausmisten und mich tierisch über das Ergebnis freuen.

Heute jedoch fühle mich echt gestresst. Und ich glaube, es liegt an der einen Stunde, die ich bei der Post und in der Drogerie verbracht habe. In der ich mich gefragt habe, ob ich die Feuchttücher, die aus dem Regal gefallen sind, mit meinen bloßen Händen überhaupt anfassen und zurückräumen darf. In der ich festgestellt habe, dass ich immer beim Einkaufen das ständige Bedürfnis habe, mich an der Nase zu kratzen, weil sie ausgerechnet in dieser Situation juckt. In der ich mich panisch gefragt habe, ob ich nicht doch irgendwas vergesse zu kaufen, wofür ich irgendwann noch mal los muss. Ja, habe ich übrigens. Aber es war zum Glück nicht überlebenswichtig.

Morgen wird der Tag entspannter. Und jetzt genehmige ich mir noch einen echten Feierabend-Tee!

Tag 13 und 14, 28. Und 29. März

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 17:03 Uhr: 52.547

Wochenende! Zwei Tage mit noch mehr Zeit – aber weniger Möglichkeiten als vor Corona-Zeiten? Quatsch! Wir müssen zu Hause bleiben? Dann holen wir uns die Welt eben in unsere bescheidene Drei-Zimmer-Wohnung!

Am Samstag habe ich ab 7.30 Uhr bis ungefähr 11 Uhr ein spanisches Frühstück vorbereitet: Molletes de Antequera mit geriebener Tomate, Olivenöl und Salz. Molletes sind helle Brötchen, die in der Vorbereitung immer wieder lange vor sich hin gehen müssen. Die beschwerliche Arbeit lohnt sich: Am Ende hat man ein fluffiges, weiches Brötchen, das vor dem Verzehr noch einmal aufgetoastet wird und dadurch eine knusprige Note bekommt. Deliziös!

Als mein Mann und ich die Augen geschlossen haben, saßen wir vor unserem geistigen Auge in unserer Lieblingsbar in Madrid, in der wir ständig dieses einfache, aber umso schmackhaftere Frühstück genossen haben – damals, als er noch in Madrid promoviert hat. Klimatisch und epidemiologisch betrachtet sind die vielen Reisen während unserer Fernbeziehung von damals zwischen Deutschland und Spanien natürlich absolut sündhaft. Wie passend! Das Essen ist geradezu sündhaft lecker.

Ab in den Wald!

Danach geht es in den Wald. Ein bisschen für die Seele und das Immunsystem spazieren gehen, die Einsamkeit genießen, so muss man es doch machen, während Corona wütet, oder? Nun ja, das dachten sich wohl andere auch schon. Der Waldweg war überfüllter als jeder Supermarkt.

Ein Spießrutenlauf, bei dem es stellenweise fast unmöglich war, den behördlich festgelegten Mindestabstand zu wahren. Ich würde sagen: Deutschland entdeckt den Wald wieder, zurück zur Natur, eins werden mit der Umwelt! Ich bin gespannt, ob wir alle diese Verhaltensänderung beibehalten werden, sobald der Spuk vorbei ist.

Unsere kleine Königin

Nach einer kleinen Sportpause am Samstag habe ich den Sonntag mal wieder mit einem Wohnzimmer-Workout gestartet, während meine Dreijährige ihrer neuen Lieblingsbeschäftigung nachgegangen ist: Sie bastelt sich gerade jeden Tag ungefähr zwei oder drei neue Kronen aus Papier.

Mir schwant übles. Die Kleine wird wohl größenwahnsinnig. Jetzt, da sie nicht mehr mit ungefähr 20 anderen Kindern im Kindergarten ist, genießt sie einen geradezu fürstlichen Betreuungsschlüssel. Natürlich muss sie in dieser erfreulichen Situation ausprobieren, was sie von ihren Dienern erwarten kann.

Vorletzte Nacht bin ich auf einmal aus dem Schlaf geschreckt, weil sie meinen Mann zusammengebrüllt hat: Sie wollte nachts um drei Uhr eine tiefgekühlte Scheibe Brot! Keine frische aus dem Brotkasten! Wie kann man nur so blöd sein, Papa?!

Tag 12, 27. März

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 19:14 Uhr: 42.288

Die Trainer vom Corona-Kindersport von ALBA Berlin lassen sich ja jeden Tag etwas Lustiges für die Kleinen einfallen. Kürzlich sollten wir Schuhe im Raum verteilen, über die wir gehüpft sind. Heute sollte jeder ein Paar Socken holen, das in die Übungen eingebunden wurde. Total interaktiv und so. Aber irgendwie auch fehleranfällig.

Denn während das Kind unbedingt jedes Paar der im Raum verteilten Schuhe oder Socken anprobieren möchte, turnen die Eltern quasi allein durch das Wohnzimmer. Ich hoffe, morgen wird auf den Einsatz weiterer Kleidungsstücke verzichtet. Aber das Gute an dieser Trainingsidee ist: Man hat nachher auch noch was aufzuräumen – und schlägt so weitere nicht wertvolle Corona-Zeit tot!

Mein langweiliger Alptraum

Nach dem Gesporte habe ich meine Gemüsekiste vom Biobauernhof vor der Tür deponiert, damit sie gegen eine gut gefüllte ausgetauscht werden konnte, denn heute ist wieder Liefertag. Stellt euch vor: Ich habe heute Nacht geträumt, dass ich das vergessen habe. Und das hatte irgendwelche total üblen Folgen. Wirklich Wahnsinn, welche komischen Alpträume man entwickelt, wenn man ans Haus gefesselt ist.

Weiterer Programmpunkt heute: Putzen! Ihr wisst, das mache ich jetzt selber, da ja auch die Putzhilfe Corona-frei hat. Zwei Wochen Ausnahmezustand sind fast geschafft, die Tätigkeiten fangen an, sich zu wiederholen.

Da ist es gut, wenn man jeden Tag wenigstens ein neues Bastelprojekt mit dem Kind hat. Heute haben wir Küken aus Tonpapier ausgeschnitten, die die Erzieherin meiner Tochter aufgemalt hat. Wir haben jetzt eine ganze Tüte voller Bastelideen für die Corona-Wochen vom Kindergarten bekommen. Die Erzieherin meiner Erstgeborenen hatte mich angerufen und gefragt, wie es uns geht, was wir brauchen und ob sich meine Tochter über Beschäftigungsmaterial aus dem Kindergarten freuen würde.

Ich hatte wirklich nicht erwartet, dass sie sich melden würde. Ich hätte den Anruf auch nicht vermisst, wenn er nicht gekommen wäre. Aber ich war so gerührt, dass sie an uns Familien denkt, dass ich glatt eine Freudenträne geweint hätte – wenn ich nur etwas näher am Wasser gebaut wäre.

Opa und Corona

Der nächste emotionale Moment kommt am Abend: Ich spreche mit meinem Mann darüber, dass es ja ziemlich hart sein muss, momentan an einer Beerdigung teilzunehmen, so ganz ohne Umarmungen und unter Einhaltung des Sicherheitsabstands. Da sagt die Dreijährige, die immer alles mitbekommt: „Wegen dem Corona-Virus!“ Ich schaue sie an und sage: „Verlier trotz allem niemals deine Liebe zu den Menschen und deine Kontaktfreude!“ Und sie sagt voller Sehnsucht: „Opa!“ Mein Mann und ich schauen uns betreten an. Immerhin konnte sie heute mit Opa telefonieren.

Und so geht ein weiterer Tag zu Ende. Zum Abschluss noch der Witz des Tages: Mein Mann fragt mich, ob am Wochenende irgendwas geplant ist. Wir schauen uns an und lachen uns schlapp.

Tag 11, 26. März

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 20:33 Uhr: 36.508

Am Vormittag (nach dem obligatorischen Sportprogramm) durfte meine Dreijährige ein Geschenk auspacken: Eine Schaukel für den Baum vor unserem Haus. Man muss ja in Corona-Zeiten wirklich kreativ werden. Normalerweise gehen wir auf Spielplätze oder schaukeln bei Nachbarn. Das geht jetzt alles nicht mehr.

Aber auf einmal ist mir kürzlich der Baum ins Auge gesprungen, der auf dem Grundstück des Mehrfamilienhauses steht, in dem wir wohnen. Und dann hat er auch noch einen perfekten Schaukelast! Das Kind ist glücklich und wir fühlen uns gleich viel weniger schäbig, dass wir in letzter Zeit vor allem Verbote aussprechen mussten.

Toilettenpapier im Bauernladen

Das war wohl der Höhepunkt des Tages für die Tochter. Für mich hingegen fing die Aufregung erst nach dem Mittagessen an: Ich habe die Kinder ins Auto gepackt und bin in Richtung Bauernladen gefahren. Auf dem Weg dorthin habe ich etliche Menschen mit frisch eingekauftem Toilettenpapier gesehen (ehrlich!). Andere hatten Atemschutzmasken auf, manche sogar Gummihandschuhe. Ich habe die letzten zwei Wochen voll und ganz zu Hause verbracht, mit kleinen Abstechern auf die Straße vorm Haus oder in den Wald. Nun erschlägt mich die Realität geradezu.

Am Bauernladen angekommen schläft das Baby – und das Kleinkind bekommt im Auto eine Brotdose gefüllt mit Waffeln und Äpfeln, solange ich mich in die Hochrisikozone begebe. Am Eingang ist ein Desinfektionsmittelspender aufgebaut und es gibt gratis Gummihandschuhe für uns Kunden. Es hat sich seit meinem letzten Besuch hier einiges getan: Der Bauernladen verkauft jetzt nicht nur frisches Obst, Gemüse, eigenen Apfelsaft und so weiter, sondern auch Mehl, Hefe und Klopapier. Ich nehme mir von allem. Man weiß ja nie…

Mein eigener Supermarkt

Auf dem Rückweg nach Hause beschließe ich spontan, auch noch am Supermarkt Halt zu machen. Auf dem Boden sehe ich Klebestreifen, die angeben, wie viel Abstand man zum Vordermann halten soll. Es ist aber sowieso kaum jemand da. Die Kassen sind wie im Hochsicherheitstrakt abgeriegelt. Ein riesiges Plastikfenster schützt die Kassiererin, die einzige Aussparung ist fürs Kartenlesegerät eingerichtet.

Noch nie in meinem Leben habe ich so viel eingekauft wie am heutigen Tag. Als ich die Einkäufe aus allen Ecken und Enden des Autos in die Wohnung gewuchtet und eingeräumt habe, überlege ich kurz, mit meinen Vorräten selbst einen Supermarkt aufzumachen. Habe ich im Supermarkt etwa übertrieben? Ich glaube nicht. Denn ich will momentan so selten wie möglich einkaufen. Ganz wohl ist mir nämlich nicht dabei, mein Baby und mein Kleinkind während der Einkäufe warten zu lassen. Aber sie mit in die Läden zu nehmen, ist für mich derzeit auch keine Option.

Das Blödeste an Corona…

Auf dem Weg nach Hause bringen wir ein paar Einkäufe bei meinen Eltern vorbei. Die Dreijährige freut sich, den Opa wieder zu sehen – und ist verunsichert, als ihr klar wird, dass sie ihn nicht anfassen und sich nicht so verhalten darf, wie sie es dort normalerweise tut.

Das Blödeste an Corona, so erzählt sie mir auf dem Weg nach Hause, ist: „Dass ich Opa nicht anfassen darf!“ Gibt es auch irgendwas Gutes in der jetzigen Situation? „Dass ich mit Opa telefonieren darf!“ Das ist für morgen wieder geplant. Und damit Gute Nacht!

Tag 10, 25. März

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 18:50 Uhr: 31.554

Um ein geniales Gedicht von Peter Shaw, zweiter Detektiv bei den Drei Fragezeichen, zu zitieren: „Ich steh auf, verrenk mich. Erst dann bin ich drandenklich!“ Ihr ahnt es: Ich bin direkt aus dem Bett auf die Sportmatte gefallen. Als ich fertig war, durfte die Dreijährige ran. Das Corona-Kita-Sportprogramm von ALBA Berlin auf YouTube ist nach wie vor nicht von einem Sondereinsatzkommando auseinander genommen worden. Aber vielleicht liegt es daran, dass zwei Menschen und ein Albatros miteinander herumhüpfen.

Ich hatte ja bisher angenommen, dass es sich lediglich um ein Albatros Kostüm handeln würde, in dem ein Mensch steckt. Doch es scheint wirklich menschengroße Albatrosse zu geben, die deutsch verstehen und gerne Sport machen. Wahrscheinlich ist es deshalb in Ordnung, dass sich in der Vereins-Umkleide mehr als zwei „Personen“ zum Sport versammeln. Cool! Wieder was dazu gelernt.

Smoothie time in Corona-hausen!

Was gibt es nach dem Sport? Smoothie natürlich! Auch im Ausnahmezustand bleiben wir beim veganen Hipster-Frühstück. Und obwohl niemand nachgefragt hat, kommt hier mein Rezept für 2 Erwachsene und ein Kind, das eher kleine Portionen ist:

  • 2 Bananen
  • 2 Birnen
  • 1 Orange
  • 5 Datteln
  • 2 EL Backkakao
  • 2 EL Kokosraspeln
  • 3 EL Haferflocken
  • eine halbe Avocado
  • 200 ml Hafermilch
  • 150 ml Apfelsaft

Alles mit ordentlich viel Power mixen und ab damit in die Müslischüsseln! Als Topping empfehle ich: frische Früchte, zum Beispiel Himbeeren oder Birne, Kokosraspeln, Mandelsplitter, Rosinen, Haselnussblättchen, Kakao-Nibs…

Obwohl ich nicht vorhabe, mich heute noch mit irgendjemandem zu treffen, gönne ich mir im Anschluss eine wohltuende Dusche, tusche mir die Wimpern und friemel mir Ohrringe in die Ohrlöcher. Der Tag kann beginnen!

Eis, Eis, Baby!

Die Dreijährige macht am Vormittag mal wieder WhatsApp Videotelefonie mit dem Opa, womit wir tatsächlich eine knappe Stunde Zeit totschlagen. Und im Anschluss geht es mal wieder raus: Blumen sammeln für einen neuen Blumenkranz, und das Baby im Tragetuch in den Schlaf wiegen. Und schon steht das Mittagessen an. Das läuft ja heute wie geschmiert! Nach dem Essen habe ich auch schon Feierabend.

Mein Mann hat seinen freien Nachmittag und fährt mit dem Kleinkind in den Wald. Ich widme mich endlich einer Tätigkeit, für die ich seit Monaten keine Zeit hatte: Ich taue den Kühl- und Eisschrank ab. Boah, damit kann man echt einen ganzen Tag verbringen. Ich gebe zu: Ich konnte seit einiger Zeit nur noch ungefähr die Hälfte des Gefrierschranks benutzen. Die andere Hälfte war zugeeist. Am liebsten würde ich die ganze Kiste aus dem Fenster schmeißen! Stattdessen kann ich ab morgen früh wieder zusehen, wie das olle Ding sich selbst wieder einfriert. So eine hirnverbrannte Maschine…

Tag 9, 24. März

Ich wache auf, rolle mich vom Rücken auf die Seite und stoße voller Leid ein tiefes Stöhnen aus. Autsch! Schlimmer Muskelkater an den Oberschenkeln und im Hintern. Der ganze Sport, mit dem ich mir hier im Corona Ausnahmezustand die Zeit vertreibe, hinterlässt seine Wirkung.

Aber Routine muss sein! Also packe ich die Hanteln aus, verzichte diesmal aufs Training von Beinen und Po und stähle eben meinen Oberkörper. Das Baby schreit nur ein bisschen, die Erstgeborene nervt auch nur kurz, ich kann das Programm wie gewohnt durchziehen. Danach ist das Kind dran! Heute hat tatsächlich ALBA Berlins tägliches Sportprogramm für Kita-Kinder auf YouTube gestartet. Dafür unterbricht sogar mein Mann seine Homeoffice Arbeit und sportet mit.

Verbotener Sportspaß

Ich habe mich ja schon seit gestern gefragt, ob das Sportprogramm mit der üblichen Besetzung laufen würde. Und tatsächlich: Vor der Kamera zu sehen sind eine Trainerin, ein Trainer und eine Person im Albatross-Kostüm. Dazu ist wahrscheinlich noch mindestens eine Kameraperson im Raum. Ich warte auf den Moment, in dem die Polizei diese verbotene Versammlung von irre vielen Menschen – die sich auch nicht immer in einem Abstand von mindestens 1,50 Metern zueinander befinden – brutal zerschlägt.

Aber tatsächlich können wir ungestört vor uns hin turnen. Vielleicht leben die beteiligten Personen ja während der Corona Zeit auch permanent in der ALBA Berlin Umkleide. Als Schicksalsgemeinschaft, die sich nicht trennen will, damit sie uns allen in dieser schweren Zeit ein wenig Ablenkung bringen kann. Danke, danke, danke!

Kein Adrenalinprogramm heute

Der Vormittag streicht zügig von dannen, alle sind zufrieden, es gibt nur einen kleinen Rückschlag: Die Arztpraxis teilt mir mit, dass ich heute mit dem Baby nicht zum Impfen kommen darf. Also doch wieder kein aufregender Programmpunkt. Man darf momentan nur dann die Praxis betreten, wenn man kurz vorm Abnippeln ist. Zum Glück trifft das auf uns nicht zu. Und, wie die Arzthelferin so treffend formuliert: Wir sind ja jetzt sowieso zu Hause und halten Abstand zu anderen. Das Impfen kann also getrost noch eine Weile warten.

Am Nachmittag sinkt die Laune der Erstgeborenen leider in den Keller. Die Hände tun ihr weh, sind trocken und gerötet. Immer dieses intensive Händewaschen! Wir cremen, es wird natürlich nicht sofort besser, die Laune sinkt noch weiter. Nur mit Mühe und Not kann ich sie dazu überreden, einen kleinen Spaziergang in unserer Straße zu machen. Fühlt sich ein bisschen an wie eine Runde im Gefängnishof.

Eine komische Begegnung

Immerhin finden wir viele hübsche Gänseblümchen, aus denen wir einen Blumenkranz binden. Am Brunnen am Ende der Straße spielt ein kleiner Junge mit seiner Mutter. Als wir kommen, gibt sie ihm zu verstehen, dass sie jetzt nach Hause will. Ich sage: „Tschüß!“ Sie sagt: „Ist etwas komisch, oder?“ Ich: „Ja, doof!“ Meine Tochter wartet schweigend auf einer Bank, bis der Junge weg ist. Erst dann läuft sie zum Brunnen und spielt. Sie will danach viel kuscheln, jault und jammert ein bisschen.

Zum Glück kann das Abendessen sie besänftigen: Es gibt Milchreis mit Apfelmus! Übrigens ein Essen, das man wunderbar hamstern kann.

Tag 8, 23. März

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 19:35 Uhr: 22.672

Eine herbe Enttäuschung! Kein neues Kita-Sportprogramm von ALBA Berlin auf YouTube. Die wollten doch jetzt zu Corona-Zeiten jeden Tag etwas Neues vorbereiten, oder nicht? Zu sehen ist nur das Programm, das wir gestern mitgemacht haben. Die Dreijährige jammert: „Ich will aber Sport machen!“ Und ich suche das Internet nach einer Erklärung ab. Endlich finde ich sie: Anscheinend fängt der tägliche Sport erst morgen früh um 9 Uhr an. Nagut. Also machen wir nochmal das Sportprogramm, das wir gestern schon gemacht haben. Danach gibt’s natürlich Smoothie! So viel Lebensqualität muss auch zu Corona Zeiten sein.

Soll ich noch ökiger leben?

Und als ich dem Baby die x-te vollgeschissene Windel wechsle, denke ich ernsthaft darüber nach, doch noch auf Stoffwindeln zu wechseln. Wir sind ja jetzt sowieso dazu verdammt, viel zu Hause zu sein. Warum nur tue ich mich mit dem Gedanken an Stoffwindeln eigentlich so schwer? Alles in mir schreit NEIN.

Ich habe Zeit, über mein pseudohaftes Öko-Dasein nachzudenken, während meine Dreijährige etwa 45 Minuten lang Videotelefonie mit dem Opa macht, der ihr ein paar Geschichten vorliest. Fühlt sich fast wie Babysitting an! So können die Großeltern Zeit mit der Enkelin verbringen und ich habe ein wenig Freiraum. Ein Konzept, das ich nur weiterempfehlen kann. Am Ende schreit immer noch alles in mir nein, wenn ich an Stoffwindeln denke. Aber immerhin etwas leiser.

Wir waren hier!

Gegen Mittag überrede ich meine Erstgeborene, ein wenig mit mir nach draußen zu gehen, damit das Baby einschläft. Die Sonne scheint, kein Wölkchen ist zu sehen, es ist gleichzeitig bitterkalt und die Straße ist wie ausgestorben. Wir hinterlassen unsere Spuren mit Straßenmalkreide. Wir waren hier!

Und dann: Schnell wieder ins Warme. Ein paar Runden „Einhorn Glitzerglück“ später ist mir: langweilig. Einfach irgendwie langweilig. Ich freue mich fast schon auf morgen. Da werde ich mich einem ganz besonderen Abenteuer stellen: Das Baby und die Dreijährige müssen zum Arzt: impfen. Werden wir es schaffen, im Wartezimmer einen Abstand von 1,50 Metern zu unseren Nebensitzern einzuhalten? Wird die Polizei das Wartezimmer darauf überprüfen, ob mehr als zwei Personen darin sitzen? Ich hoffe, ihr seid so gespannt wie ich. Morgen geht’s weiter!

Tag 6 und 7, 21. und 22. März

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 20:03 Uhr: 18.610

Hoch die Hände, Wochenende! Und dann auch noch Frühlingsanfang. Logisch, dass wir die Wohnung verlassen wollten. Man weiß ja nie, wie lange das noch geht. Hochmotiviert haben wir uns alle ins Auto verlagert, um in einen Park zu fahren. Die Erstgeborene hat getobt und geschrien, als wir ihren Buggy und das Laufrad mitnehmen wollten. Ihr Fahrrad sollte mit! Der Buggy zu Hause bleiben! Welche monsterhaften Eltern würden auf andere Ideen kommen? Absurd! Grund genug für eine Meuterei.

Letztlich haben wir nachgegeben – und der Dreijährigen mehrmals erklärt, dass wir ihr Rad weder tragen noch schieben werden. Die Lektion des Wochenendes: Vertraue nie darauf, dass ein dreijähriges Kind sich am Ziel noch an solche Vereinbarungen erinnern kann.

Wo ist die Ausgangssperre, wenn man sie braucht?

Auf halbem Weg zum Park ist die Erstgeborene eingeschlafen. Und beim Aussteigen stellten wir pünktlich zum Frühlingsanfang einen heftigen Temperatursturz fest. Feinstes Winterwetter – im Gegensatz zu den Tagen davor. Der Blick unserer kleinen Fahrradfahrerin war eindeutig, als wir sie aus ihren Träumen rissen und in die Kälte stellten: Wo ist die Ausgangssperre, wenn man sie mal braucht??? Nach 15 Minuten Alibi-Spaziergang im Park machten wir kehrt. Ab nach Hause.

Sporty Sunday

Den trüben Sonntag haben wir dann vernünftigerweise ganz ohne Outdoor-Ambitionen gestartet. Stattdessen habe ich ganze 40 Minuten mit meiner Workout-App vor mich hin geschwitzt. Die Kinder werden immer gnädiger! Und um kurz vor 9 Uhr erreichte mich die Nachricht einer Nachbarin: ALBA Berlin hat jetzt ein Sportangebot für Kindergartenkinder auf YouTube! Jeden Tag um 9 Uhr für eine halbe Stunde. Im Anschluss gibt es noch Sportprogramme für Grundschüler und ältere Schüler.

Hervorragend. Also haben die Erstgeborene und wir Eltern losgelegt: Wir sind geflogen wie ein Albatross, gekrabbelt wie ein Krebs, haben uns eingerollt wie eine Raupe und und und. Was für ein sportlicher Morgen. Mein Ziel: Ich will das jetzt jeden Morgen mit meiner Tochter machen. Nicht nur, weil es Spaß macht, sondern weil es eine deutschlandweite Gemeinschaftsaktion ist. Wir sind zwar alle dazu verdammt, auf Distanz zueinander zu gehen. Aber ich weiß: Morgens um 9 Uhr werden tausende Kinder und Eltern mit uns zusammen Sport treiben.

Mein Fazit nach der ersten Woche:

Ich war überzeugt, dass ich euch jeden Tag vom immer stärker werdenden Wahnsinn erzählen kann. Davon, wie wir uns hier zu viert in drei Zimmern ordentlich auf den Senkel gehen und ich ein paar Familien-Notstandsgesetze einführen muss. Aber ganz ehrlich: Es ist bisher alles entspannter und schöner als zuvor. Ich jage nicht mehr von einem Termin oder einer Verabredung zur nächsten. Wir haben viele kreative Ideen, basteln, malen, backen, kochen und gehen insgesamt viel positiver miteinander um als im Alltag.

Wir haben jetzt eine Gemüsekiste, die wöchentlich zu uns geliefert wird, so dass wir nicht mehr total viel wertvolle Zeit beim Einkaufen verlieren. Wir haben eine komplette Woche von Resten gelebt, damit abwechslungsreich gekocht und nichts vermisst. Wir haben immer noch genug Klopapier, obwohl wir nichts davon gehamstert haben. Einige Ängste und Sorgen, die ich aufgrund dieses ungewissen Corona-Zustandes hatte, konnte ich loslassen, als ich sie hier auf meinem Blog niedergeschrieben habe. Also kann ich nur empfehlen: Schreibt auf, was euch bedrückt. Das hilft!

Morgen beginnt die zweite von voraussichtlich 5 Kindergarten-freien Wochen bei uns. Seid dabei!

Tag 5, 20. März

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 21:03 Uhr: 13.957

7.15 Uhr: Mal wieder sind beide Kinder wach – und noch gut gelaunt. Also ran ans Sportprogramm! Heute mal mit Fokus auf meine Arme, Schultern und den oberen Rücken. Mit Hanteln bewaffnet stehen ich (eine 2 Kilo Hantel in jeder Hand) und meine Dreijährige (eine 1 Kilo Hantel in jeder Hand) im Wohnzimmer. Das Baby schaut uns verwundert zu. Es verzichtet aufs Schreien, denn es will uns wohl bis zur letzten Sekunde leiden sehen. „Ich kann das auch!“, sagt die Dreijährige immer wieder und versucht, die Hanteln zum Bizeps Curl hochzuwuchten. Irgendwann hat sie keine Lust mehr. Ich wuchte weiter. Und danach schufte ich weiter.

Corona Auszeit für die Putzfee

Wegen Corona verzichten wir vorerst auf die Dienste unserer Putzfee. Mein Mann war ja damals skeptisch, als ich mich dafür aussprach, diesen Bereich des Haushalts auszulagern. Ich hingegen war sicher: Eine Putzhilfe ist immer noch billiger als eine Paartherapie. Denn wir haben zwar beide keine Lust, mit den Socken ständig in den Essensresten der vergangenen Wochen hängen zu bleiben. Aber wir haben auch beide keinerlei Lust, die dafür nötige Arbeit zu tun.

Heute hingegen musste ich ran. Logo, ich bin ja gerade gefangen im Klischee: Elternzeit mit zwei Kindern, während der Mann arbeitet. Gelernt habe ich dabei: Babys lieben wirklich das sanftmütige Brummen eines Staubsaugers. Sie hassen allerdings die stille Arbeit des Wischmobs. Und ich selbst habe endlich mal die Power des Chlorreinigers kennen gelernt. „Das riecht ja wie im Schwimmbad“, sagte meine Dreijährige, als ich mir die Badezimmerfliesen vornahm. Wenn wir da schon nicht hin können, holen wir uns doch wenigstens den passenden Geruch nach Hause!

Social distance Lebensmittel

Das Highlight des heutigen Tages war aber definitiv die Lieferung unserer Biokiste. Am Sonntag hatte ich sie recht panisch für eine wöchentliche Lieferung bestellt, weil ich jetzt nicht mehr ständig in den Supermarkt gehen will. Sie kommt vom Demeter-Bauernhof aus der Region, kostet einen Arm und ein Bein, aber dafür gehe ich damit nicht nur dem Corona Virus aus dem Weg, sondern rette auch noch die regionale Wirtschaft, die Welt, das Klima, was weiß ich. Multitasking eben.

Prioritäten und so

Eigentlich hätte ich den Nachmittag zu meiner freien Verfügung haben sollen, da mein Mann die Erstgeborene bespaßen sollte. Doch weit bin ich mit meiner Zeit für mich nicht gekommen. Um mal was anderes als Corona im Kopf zu haben, habe ich in Der Zeit einen Artikel über den IS gelesen, der längst noch nicht besiegt ist.

Als ich so mittendrin in meiner Quality time mit mir selbst war, meinte mein Mann auf einmal, ich würde meine Prioritäten gerade falsch setzen. Draußen: Herrlichstes Wetter, knappe 20 Grad. Die Prognose für die nächsten Tage: Ausgangssperre. Also gut. Ich habe mich überreden lassen, in den Wald mitzukommen. Es war wunderschön. Am Ende waren wir alle müde, fertig, hungrig, durstig, deshalb schlecht gelaunt, aber natürlich im tiefsten Herzen glücklich.  

Tag 4, 19. März

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 19:27 Uhr: 10.999

Bevor unser Baby geboren wurde, habe ich 80 Prozent gearbeitet, genau wie mein Mann. Die Erstgeborene ist immer bis 14 Uhr in den Kindergarten gegangen. An zwei Nachmittagen habe ich mich um sie gekümmert, zwei Nachmittage hat mein Mann übernommen und einen meine Eltern.

Deshalb stehen mir diese Woche noch zwei halbe Tage nur mit Baby zu, während mein Mann sich um unsere Dreijährige kümmert. Wir haben heute den Vormittag dafür gewählt. Mittlerweile ist es 11:18 Uhr, das Baby schnarcht meine Brust an und nuckelt ab und zu.

Ein bisschen Schwermut darf sein

Ich habe ein paar langweilige Dinge per Telefon erledigt, gelesen und lasse die Müdigkeit in meinen Körper sacken. So richtig entspannt waren die letzten Nächte nicht. Obwohl die vergangenen Tage wirklich schön waren, habe ich nachts während der Wachphasen – wenn ich stille – Zeit nachzudenken. Was passiert, wenn der Kindergarten voraussichtlich am 19. April wieder öffnet? Wie wird sich das Leben ab dann gestalten? Ein bisschen Schwermut darf zwischendurch auch mal sein. Zum Glück ist für heute Nachmittag geplant, Waffeln zu backen!

Zwei Eier brauche ich für die Waffeln. Das erste schlage ich auf. Danach halte ich inne. Ich hatte vor, dieses Jahr meine Mutter zu fragen, ob sie mit meiner Dreijährigen Ostereier bemalen will. Als ich Kind war, hatte meine Mutter die Eier zur Osterzeit leergeblasen. Oben und unten hatte sie kleine Löcher mit einer Nadel gepiekst und dann hatte sie kräftig hineingeblasen, so dass das Eiweiß und das Eigelb hinausflutschten, während die Schale ganz blieb.

Ich hatte nicht damit gerechnet, dieses Jahr mit dem Baby die Zeit für solche Sachen zu haben. Aber davon wurde uns ja jetzt mehr als genug geschenkt. Also: Nadel her und los geht’s! Tatsächlich habe ich es geschafft. Wir haben nun eine intakte Eierschale, die wir anmalen können. Ganz ohne Omas Hilfe!

Projekt Sozialphobie

Nachmittags auf der Straße sind deutlich weniger Kinder zu sehen als gestern. Meine Erstgeborene erblickt ihre Freundin in deren Hauseingang, weiß aber, dass sie nicht mit ihr spielen darf. Es ist für sie in Ordnung. Ohne lange Diskussionen steigt sie auf ihr Fahrrad und kommt mit mir mit. Ich bin gleichzeitig erleichtert und habe ein mulmiges Gefühl. Projekt Sozialphobie abgeschlossen?

Tag 3, 18. März

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 19:30 Uhr: 8.198

Wenn man ganz plötzlich seinen Alltag wegen einer Pandemie umkrempeln muss, sollte der Tag verschiedenste Ereignisse bereithalten. Sonst grübelt das Gehirn einfach zu viel. Deshalb hier ein Ausschnitt aus meinem Tag 3 des Corona Ausnahmezustands, thematisch geordnet! 

Sport:

7:15 Uhr: Beide Kinder sind wach. Tag 3 beginnt. Also aufstehen und das Sportprogramm abhaken, bevor die Kinder schlechte Laune bekommen. Das Baby liegt ruhig auf der Sportmatte im Wohnzimmer, die Erstgeborene schaut sich ein Bilderbuch an. Beste Voraussetzungen. Ich starte meine Sport-App. Darin gibt es eine lange Liste an Workouts für alle Körperteile.

Eignet sich auch gut für die Rückbildung, wenn man bei den Übungen für die geraden Bauchmuskeln einfach die schrägen trainiert. Auch allen anderen ist solch eine Fitness-App unbedingt zu empfehlen, wenn man momentan Fitnessstudios meiden muss. Ich denke noch: So ein Drill Sergeant wie im Fitnessstudio wäre natürlich super, damit man die Übungen auch wirklich intensiv macht.

Wie gerufen steht meine Tochter auf, geht zum Handy, blickt aufs Video, schaut mich kritisch an – und sagt: „Den Arm musst du aber so halten!“ Ich lächle gequält, verrenke mich wie gewünscht und höre neben mir das Baby schreien. Kein Problem! Die nächsten Übungen muss ich auf der Seite liegend machen. Die perfekte Position, um im Liegen zu stillen. Das Baby ist glücklich, der Drill Sergeant auch, ich bin fix und fertig, wie es sich für ein gutes Workout gehört!

Bewegung an der frischen Luft:

Ab in den Wald! Wo die Zahl an Menschen gering ist und die Möglichkeiten endlos sind. Da gibt es Stöcke, Steine, Schmetterlinge, Blüten – was braucht man mehr, um ein Kind zu beschäftigen? Doch unser Waldweg um die Ecke ist abgesperrt!

Weil er nach einem kleinen Fußmarsch in die Schweiz führt, darf man ihn nicht einmal mehr betreten. Ich fühle mich wie im Zweiten Weltkrieg. Ob wir uns am Bauzaun vorbeischlängeln sollten? Wer weiß, was dann passiert. Angriff der Killerviren? Lieber nicht. Also umdrehen in Richtung Straße vor unserem Haus. Eine folgenschwere Entscheidung, wie sich bald zeigen wird.

Soziale Interaktion:

Es ist ein wunderbar sonniger Tag. Wir haben es zwar nicht in den Wald geschafft, aber auf der ruhigen Straße vorm Haus kann man wenigstens mit Kreide malen und ein wenig Fahrrad fahren. Kinder aus der Nachbarschaft schaukeln gemeinsam, fahren Fahrrad um die Wette, springen Seil. Äh, haben wir nicht irgendwie sowas wie Corona Ausnahmezustand? Meiner Dreijährigen ist es kaum zu vermitteln, dass sie nicht mit ihren Freunden aus der Straße spielen darf. 

Spaß und Spiel:

Vielleicht könnte unser heutiges Bastelprojekt eine echte Corona-Challenge werden: Basteln mit Klopapierrollen! Wir haben eine Puppenkerze gebastelt. Aus einer Klopapierrolle wird die Geburtstagstorte, oben drauf kommt eine hübsche Verzierung und eine echte Kerze. Kein Wunder, dass die Leute so viel Klopapier horten! Je mehr Rollen, desto mehr Bastelmaterial! Endlich begreife ich es.

Was man mit den vielen Klopapierrollen in der Corona-Zeit alles machen kann!

Corona Challenge: Basteln mit Klopapierrollen!

Tag 2, 17. März

Corona-Fälle in Deutschland laut Robert-Koch-Institut, Stand 19:39 Uhr: 7156

7:50 Uhr: Es trudelt eine E-Mail meiner Hebamme ein. Der Rückbildungskurs heute fällt aus, aber sie schickt uns eine Reihe von Übungen für zuhause. Perfekt, mein Baby schläft noch. Also ab auf die Matte! Ich werde zu Höchstleistungen angespornt von meiner Erstgeborenen, die neben mir sitzt: „Mama, wann machst du mir was zu essen?“ Stellt euch das mal in Endlosschleife vor. Ich ziehe die Übungen also diszipliniert und ohne Pausen durch. Während ich anschließend das Frühstück vorbereite, schreit das Baby. Tag 2 beginnt!

9:45 Uhr: Die Erstgeborene malt die Villa Kunterbunt für ihre beste Freundin, die im Haus neben uns wohnt. Wir möchten ihr das Bild in den Briefkasten werfen, weil die beiden momentan nicht miteinander spielen können. Ich frage mich gerade, ob man sich noch Dinge in Briefkästen werfen darf. Kontaminationsgefahr? Und wieso muss ich mir diese absurden Fragen stellen? Meine Tochter hat andere Sorgen: Die Mine des orangefarbenen Stiftes bricht ständig ab.

10:15 Uhr: Ich versuche erfolglos, den Demeter-Bauernhof aus der Region zu erreichen, bei dem ich vor ein paar Tagen eine Obst- und Gemüsekiste im Abo bestellt habe, damit wir kulinarisch auf nichts verzichten müssen. Die Idee hatten andere wohl auch. Als ich die Kiste am Sonntag online bestellen wollte, waren die Server überlastet. Schließlich konnte ich sie bestellen, warte aber noch auf den Anruf, in dem der Lieferort und andere Details geklärt werden. Niemand geht ans Telefon, als ich versuche anzurufen. Mir bleiben noch zwei Zucchini, zwei Paprika und eine Tomate. Das Ende naht!

11:20 Uhr: Die Mitarbeiterin des Bauernhofs ruft an. Die Kiste kommt schon diesen Freitag! Ich bin so froh, ich würde ja ein Fest feiern, aber es darf ja keiner kommen. Und das Beste: Im Online-Shop gibt es von Obst über Gemüse bis zu Bier, Mehl, Schokolade, Kaffee, Milch, alles, was man brauchen kann. „Außer Klopapier“, sagt die Frau und lacht. Aber wer weiß, vielleicht nehmen sie das auch bald ins Sortiment auf.

12 Uhr: High Noon! Wir begegnen auf der Straße einem Nachbarsjungen. Die Erstgeborene ist verunsichert. Vorsichtig trippelt sie zu ihm hin. Ich ziehe sie weg. Sie protestiert nicht mal. Klarer Fall: Sie ist infiziert mit dem Ausnahmezustand-Virus. Der Vater und ich versuchen uns unbeschwert zu unterhalten. Wenigstens müssen wir nicht lange nach einem Thema suchen. Ich gebe euch einen Tipp: Es fängt mit C an und hört mit orona auf…

15:30 Uhr: Ich muss mit dem Baby zur Hüftsonographie (Standarduntersuchung nach der Geburt). Die Parkuhr betätige ich mit meinem schützenden Ärmel vorm Finger, die Türklinke zur Praxis mache ich ebenfalls mit dem Ärmel über der Hand auf. Ich frage mich, ob ich aus dieser ganzen Sache normal herauskommen werde. Während ich das hier schreibe, kommt meine Erstgeborene und bittet mich, die Schleppe an ihr Elsa-Kleid zu kletten. Ich zucke mit den Schultern. Was ist schon normal?

18 Uhr: Bei uns Hamsterkäufern gibt es Abendessen! Nudeln – was sonst?

Natürlich Nudeln: Was es an Tag 2 des Corona Ausnahmezustands bei uns gibt.

Willkommen bei Familie Hamster: An Tag 2 gibt es Nudeln!

Tag 1, 16. März 2020

Puh, jetzt habt ihr ewig nichts mehr von mir gehört. Höchste Zeit, das zu ändern! Seit heute befinde ich mich im Ausnahmezustand – mit euch allen zusammen. Die Kindergärten und Schulen schließen hier bei uns in Baden-Württemberg bis zum 19.4. Also fünf Wochen lang! Offiziell geht das erst morgen los, ich habe meine Dreijährige aber schon heute zu Hause behalten. Das Corona Virus verbreitet sich ja schließlich nicht erst ab morgen. 

Ich muss zugeben, bis vor ein paar Tagen hätte ich mir kaum vorstellen können, dass es tatsächlich soweit kommen würde. Vor zwei, drei Wochen noch habe ich die Hamsterkäufer belächelt. Letzte Woche habe ich dann selbst Windeln (würde ich doch bloß Stoffwindeln benutzen…) und Klopapier (wäre ich doch nur so richtig zero waste) im Einkaufswagen gestapelt, gemeinsam mit Nudeln (was sonst!), sauren Gurken und anderen Konserven, die hoffentlich nicht für immer im Keller vor sich hin vegetieren müssen (naja, bisher ist alles noch im Kofferraum, weil niemand Lust hat, diese Mengen auszuladen).

Pssst, wollen wir uns mal treffen???

Mein Mann und ich haben beschlossen, in den kommenden fünf Wochen niemanden zu treffen, Spielplätze zu meiden, eben all das zu tun und zu lassen, was dafür sorgt, dass sich das Virus nicht weiter verbreiten kann. Das ist nicht einfach. Denn die Versuchung lauert überall. Ich konnte selbst kaum glauben, wie viele nette Menschen sich in den vergangenen Tagen bei uns gemeldet haben, die sich mal wieder mit uns treffen wollen. Denn: „Wir sind doch gesund!“ Oder: „Ein gesundes Mittelmaß an Kontakten ist doch das beste!“ – Ja, is klar! Ein „gesundes“ Mittelmaß, damit noch mehr Menschen krank werden?

Andere sind ernsthaft der Meinung, die „Panikmache“ sei politisch gewollt. Ich habe ja schon jetzt keine Lust, mir den Quatsch anzuhören. Noch viel weniger Lust habe ich aber, mir dann demnächst anhören zu müssen, dass die Politik ja nie was tue – wenn das Gesundheitssystem kollabiert, weil zu wenig Menschen die Sache ernst genommen haben und nicht bereit waren, ihren Teil beizutragen. 

Wieder andere sagen: Aber in fünf Wochen ist es ja mit Corona auch nicht vorbei. Wieso soll ich mich also jetzt zu sehr einschränken? Ja, das ist richtig, in fünf Wochen ist das Virus nicht verschwunden. Aber es geht jetzt eben darum, die Verbreitung zu verlangsamen, damit sich nicht alle auf einmal anstecken. Denn dann gibt es nicht genügend Kapazitäten, die schwer Erkrankten zu versorgen. Ich finde, dieses Video erklärt die Sache sehr gut. Schaut euch das mal an:

 

So viele bestätigte Infektionen gibt es bisher

Um euch ein Gefühl für die rasante Vermehrung der Infektionsfälle zu geben, hier mal ein paar Zahlen des Robert-Koch-Instituts. Die bestätigten Infektionen der vergangenen Woche in Deutschland:

9.3.: 1139

10.3.: 1296

11.3.: 1567

12.3.: 2369

13.3.: 3062

14.3.: 3795

am heutigen 16.3. um 20:56 Uhr lese ich auf der Homepage des Robert-Koch-Instituts von derzeit 6012 bestätigten Fällen. 

Wir sind dann mal weg

Meine Familie und ich meiden ab jetzt fünf Wochen lang Kontakte. Damit die Kurve in der nächsten Zeit nicht so stark ansteigt. Es geht dabei nicht um uns. Wir gehören nicht zur Risikogruppe. Es geht um meine und eure Eltern, meine und eure Oma, es geht um Menschen, die wir alle kennen. Wir können sie schützen, indem wir dafür sorgen, dass sich das Virus nicht so rasend schnell verbreitet, wie es das derzeit tut. 

Ihr glaubt, es sei utopisch, die sozialen Kontakte mit kleinen Kindern für solch eine lange Zeit zu pausieren? Ich habe mich entschlossen, an dieser Stelle ein Tagebuch über unseren Corona Ausnahmezustand zu veröffentlichen.

Ich hoffe, ihr lasst euch von mir inspirieren, lernt aus meinen Fehlern und habt ordentlich viel Mitleid mit uns: Vier Personen in einer Dreizimmerwohnung: Mama Eva mit gerade mal acht Wochen altem Baby, dazu die dreieinhalbjährige Erstgeborene und der Ehemann, der wohl die nächsten Monate aus dem Homeoffice heraus arbeiten wird. Beruhigungsschnaps liegt leider nicht drin: Ich stille ja!

Und so war Tag 1:

Aufstehen um 7:40 Uhr. Der Ehemann will schließlich ab 8 Uhr im Schlafzimmer arbeiten. Wir haben da ein Laufband stehen. Er hat sich ein Regalbrett mit Monitor an die Wand gebaut, einen Regalbrett-Schreibtisch, der auf dem Laufband aufliegt – und programmiert so quasi am laufenden Band. Heute ist er wohl sieben Kilometer gelaufen. Und was habe ich solange gemacht?

Zum Frühstück gab es, na klar, Smoothie Bowl! Wie lange mir das noch vergönnt sein wird? Schließlich will ich ja eher nicht mehr in den Supermarkt müssen in nächster Zeit! Immerhin haben wir noch so 10 Kilo Äpfel, 2 Kilo Birnen, eineinhalb Kilo Orangen, zwei Mangos, eine Zitrone und zwei jämmerlich aussehende Bananen. Kann man Apfelmus auch als Smoothie bezeichnen? Mal sehen, was in der Not noch passieren wird!

Nach dem Frühstück habe ich einen kleinen Spielemarathon mit meiner Erstgeborenen begonnen: Einhorn Glitzerglück (ja, echt!) und Uno junior. Immer und immer wieder. Danach haben wir gemalt. Ich habe ein Schloss mit einem Einhorn auf der Koppel gemalt (klar bin ich stolz drauf).

Alles außer Spielplatz

Dann raus auf die ruhige Straße vor unserer Wohnung, in der die Nachbarskinder für gewöhnlich immer zusammen spielen. Heute mit vielen Tränen, weil ich ein Spielplatz-Verbot ausgesprochen habe. Es zerreißt mir ja selbst das Herz. Aber welchen Sinn haben Kindergarten-Schließungen, wenn die kleinen Bazillenschleudern den ganzen Tag ihre Rotze auf dem Spielplatz miteinander austauschen?

Also wieder rein – um 12 Uhr: Durch das Hin- und Hergelatsche auf der Straße ist das Baby eingeschlafen. Der Mann hat die Erstgeborene für die Mittagspause übernommen, während ich mich bis um 13.30 Uhr hinlegen durfte. 

Nach der Mittagspause: Ab auf den Waldweg bei uns um die Ecke. („Ich will aber auf den Spielplatz!“) Meine Tochter hat dann glücklicherweise ungefähr zehn gr0ßartige Stöcke gefunden, die unbedingt in den Kinderwagen mussten. Wir haben Schmetterlinge gesehen, erkundet, wie viele verschiedene Blumen wir entdecken und welche Grüntöne die Blätter haben. Quasi aus Versehen haben wir bei bei unserem kleinen Ausflug die Landesgrenze zur Schweiz übertreten. Sorry, Herr Spahn! Wir sind aber nach ein paar Metern wieder umgedreht.

Dann kam uns eine Frau mit zwei Hunden entgegen. Meine Tochter: „Darf ich ihn mal streicheln?“ Sie durfte. Ich habe mir erst nichts dabei gedacht und mich dann gefragt, ob ich aufgrund dieser Interaktion jetzt sofort ihre Hände abhacken muss. Ich habe es dann beim Händewaschen belassen und gelobe ab morgen Besserung. Selig sind wir schließlich wieder nach Hause gegangen. 

Das ganze Mehl muss weg

Dort angekommen: Abendessen vorbereiten. Währenddessen will die Erstgeborene eine Dattel. Aber sie hatte heute schon zwei. Und was, wenn sich die Vorräte bald dem Ende neigen? Wie viel habe ich wovon? Lieber rationalisieren. Also Nein!

Dann: Kindergeschrei, dazu Babygeschrei, dazu die Küchenmaschine, die das Gemüse häckselt. Und in mir drin die bohrende Frage: Hätte ich überhaupt so viel Zucchini nehmen dürfen? Haben wir nicht ohnehin zu wenig Gemüse? Egal: Ab damit auf den Pizzateig. Natürlich gibts an Tag 1 des Corona Ausnahmezustands Pizza! Denn – alle Hamsterkäufer werden mich verstehen: #wassollmanmitdemganzenmehldenneigentlichmachen

Und damit Gute Nacht, ihr Lieben! Der Tag war weitaus entspannter als gedacht. Ehrlich gesagt habe ich mir selten so wenig Zeit und Muße für den Moment genommen. Morgen gehts weiter 🙂

Beitragsbild: Ausschnitt aus dem Titelblatt des „Sonntag“ vom 15.3.2020

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1 Comment

  • Reply
    Daniela
    10. April 2020 at 20:37

    Herzlichen Glückwunsch zum Nachwuchs <3

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