Seit ich weniger Plastik im Alltag verwenden möchte, passieren allerlei bemerkenswerte Dinge. Heute möchte ich euch erzählen, wieso ich mein Gesicht neuerdings mit einer Shampoobar wasche. Das ist übrigens ein festes Shampoo, sieht ähnlich aus wie eine Seife.
Und Nein, das Ganze ist kein Emanzen-Statement! Ich lasse mir keinen Damenbart wachsen, der durch die Reinigung mit der Shampoobar noch mehr Glanz und Volumen bekommen soll. Und ich will auch keine buschigeren Wimpern. Der Grund, aus dem ich mein Gesicht nun mit der Shampoobar wasche, liegt anderswo: Die Seife ist schuld, mit der ich meinen Körper seit Neuestem reinige.
Die Wal-Mahlzeit aus der Dusche
Habt ihr euch mal überlegt, wie viel Plastikmüll durch leere Duschgel-Packungen entsteht? Wie viel durch aufgebrauchte Shampoo-Plastikflaschen? Berge, Leute! Üppige, todbringende Wal-Mahlzeiten. Deshalb habe ich vor ein paar Monaten beschlossen, mich nicht mehr mit Duschgel einzuseifen, sondern nur noch feste Seifen an meinen Körper zu lassen, selbstverständlich aus Handarbeit, Öko, mit kurzer Inhaltsstoffe-Liste und ohne überflüssige Chemie.
Bei meiner ersten Bestellung einer dieser formschönen Seifenklötze habe ich noch gelesen, dass sich die Haut angeblich stark umstellen muss. Dass die meisten Menschen ihre Haut jahrelang mit Chemie misshandeln und sich unser größtes Organ deshalb erst einmal von der Droge Duschgel erholen muss. Kalter Entzug unter der warmen Dusche sozusagen!
Ich habe mir also eine Reihe Seifen für trockene Haut bestellt. Ganz verschiedene, da man ja die perfekte Seife für die eigene Haut erst umständlich finden muss. Der Anfang war übel. Richtig schlimm: Noch unter der Dusche hat meine Haut überall gespannt und gezogen. Von wegen rückfettende Seife, Balsam für die trockene Haut, weich und geschmeidig. Ich habe mich gefühlt, als würde mir ein schmieriger Seifenvampir jegliches Leben auf meiner Körperoberfläche aussaugen.
Meine Haut zeigt sich kooperativ
Also habe ich nach dem Duschen notgedrungen Körperbutter, Bodylotion, was auch immer griffbereit war, in dicken Schichten auf meine verdorrte Haut geschmiert. Danach fühlte ich mich besser: Körperlich, aber natürlich auch psychisch. Mission erfüllt, Welt gerettet, keinen Plastikmüll durchs Duschgel verursacht.
Seit meinen ersten hilflosen Seifenversuchen sind nun schon ein paar Monate vergangen. Meine Haut hat sich kooperativ gezeigt. Vielleicht ist es aber auch einfach wie beim Superfood, das ich eigentlich nicht mag: Nach einer Weile gewöhnt man sich einfach an alles. Dass es aber wirklich und tatsächlich eine Verbesserung gegeben haben muss, zeigt das Beispiel Beinrasur: In meinem früheren Leben als Duschgel-Sünderin habe ich mir die Beine einfach schnell rasiert, nachdem ich das geschmeidige und angenehm schäumende Duschgel aufgetragen hatte.
Das habe ich mit der Seife auch probiert – und bin anfangs leider ähnlich unelegant über meine frisch eingeseiften Beine geschubbert wie damals im zarten Teenager-Alter, als ich mir meinen ersten Nassrasierer kaufte und noch dachte: Geht doch bestimmt auch ohne Nass!
Aber zurück in die Gegenwart: Mittlerweile sind meine Haut, die Seife und der Rasierer gute Freunde geworden. Es gibt also wirklich gar keine Notwendigkeit, meinen Körper mit einer Shampoobar zu waschen. Es sind einfach zu wenig Haare dran als dass sich das lohnen würde. Warum aber wasche ich dann mein Gesicht mit Shampoo?
Mein Gesicht mag keine Seife
Für diesen besonderen Körperbereich hatte ich mir eigentlich extra eine spezielle Gesichtsseife gekauft, die angeblich sogar Augen-Makeup-Entferner überflüssig macht. Das Piktogramm bei der Beschreibung der Seife war eindeutig: Ein Abschminkpad an einem Auge. Ich war sicher, das sollte heißen: Extra Produkte zum Abschminken überflüssig, das geht auch mit dieser Seife. Mittlerweile glaube ich, das heißt: Halten Sie Kühlpads für Ihre gereizten Augen bereit.
Jedes Mal, wenn es beim Duschen an die Gesichtsreinigung geht, läuft mir ein kalter Schauer den Rücken runter, obwohl der Duschstrahl angenehm warm ist. Es sind ja nicht nur die Augen, die brennen als hätte ich mir Tabasco in die Seife gemischt. Es ist das gesamte Gesicht, das sich bisher weigert, dem vor der Seifenbehandlung resignierten Körper zu folgen und das Schicksal zu nehmen wie es ist: Frei von Duschgel.
Mein eigensinniges Gesicht schaltet auf Stur. Sobald ich eine Seife auf meinen Wangen, der Stirn, auf meiner Nase und dem Kinn verreibe, packt es seine effektive Abwehrtechnik aus. Meine Finger, die über die Gesichtsparteien gleiten wollen, werden zu Scheibenwischern, die über eine viel zu trockene Windschutzscheibe schubbern. Ich wusste bisher nicht, wie sich die Scheibe in solch einem Moment wirklich fühlt. Aber seit ich mein Gesicht mit Seife wasche, habe ich mir geschworen, die Scheibenwischer an meinem Auto nie mehr zu früh einzuschalten. Denn ich entwickle eine ungeahnte Empathie gegenüber jeglichen Materialien, an denen unsensibel entlang geschubbert wird.
Wie die Shampoobar in mein Gesicht kam
Neulich, als ich kurz davor war, wieder einmal die unmenschliche Seifenbehandlung in meinem Gesicht über mich ergehen zu lassen, lief mir ein wenig Shampoo von meinen Haaren die Stirn entlang bis in mein Auge. Verglichen mit der Seifenfolter war das geradezu augenöffnend paradiesisch. Kein Brennen, kein ziepen, kein Spannen: Die Augen und die Haut waren glücklich. Und deshalb, liebe Leute, wasche ich mein Gesicht nun mit einer Shampoobar.
Ich denke, ich werde bald mal meine Autoscheibe mit meinem Shampoo waschen. Als Entschädigung für alle vergangenen und zukünftigen Scheibenwischer-Unfälle. Vielleicht pflanze ich auf dem Dach noch ein paar Haare, damit sich das shampoonieren auch lohnt. Dann werden mein Auto und ich gemeinsam gut frisiert und stets frisch gewaschen durch den Ort rauschen. Bis die Frisur über die Windschutzscheibe wachsen wird und ich nichts mehr hindurchsehe und deshalb einen fruchtbaren Unfall baue. Nur weil ich die Haare meines Autos zu schön fand, um sie zu schneiden. Was aber auch kein Wunder gewesen sein wird, weil die Shampoobar einfach tolle Haare macht. Und für alles weitere, was dann passieren wird werden können würde geworden, fehlen mir irgendwie die Konjunktiv- und Futurformen.
Und nun Tschüß. Ich bin so angestrengt von diesen Überlegungen, ich geh mal eine Runde duschen.
3 Comments
Mieze Katze
13. Mai 2020 at 08:56Hallo, ich bin auch eher aus Versehen zum Waschen mit Festem Shampoo gekommen. Wollte eigentlich meinen ultrafeinen und kaputtgefärbten Haren etwas gutes tun und sie mit diversen Shampoos (nicht Haarseifen, sondern wirklich Shampoos) von netten Öko-Seifenmanufakturen verwöhnen. Da das überhaupt nicht funktioniert hat, ich die Shampoos aber trotzdem irgendwie aufbrauchen musste, hab ich sie als Gesichts- und Körper“seife“ genommen. Und siehe da: die Haut spannt viel weniger (nach Waschung mit Seife muss ich immer SOFORT nachcremen, damit ich nicht ausflippe, so unangenehm fühlt sich die ausgedörrte Haut an), dabei ist trotzdem eine ordentliche Reinigungswirkung da. Summa: ich werde meine ganzen Seifen noch aufbrauchen und dann bei Shampoo-bars bleiben.
Veronika
7. Dezember 2018 at 00:49Hallo Eva,
Ich bin heute (vor ca 30 min) auf deinen Blog gestoßen und ich mag sowohl wie als auch über was du schreibst. Genau mein Wetter 😀
Ich hab mir für meine Seifen Säckchen gestrickt (mehr schlecht als recht aber hey!) mit denen das Einseifen viel viel leichter geht da sie so leichter schäumen und die Seifen trocknen auch leichter, da von allen Seiten Luft hin kommt. Und man hat auch beim einseifen noch nen Peeling Effekt sozusagen. 🙂 liebe Grüße
evamell
8. Dezember 2018 at 19:28Hallo! Lieben Dank für deinen Kommentar! Freut mich ja mega ? Das mit den Säckchen für die Seife klingt super. Hast du spezielle Wolle genommen??