Leben

Zum 1. August: Was ich an der Schweiz liebe

Aufgenommen in Lörrach, also in Deutschland, aber unfassbar nah dran an der Schweiz.

In ein paar Tagen ist 1. August: Nationalfeiertag in der Schweiz. Ich habe das Vergnügen, in einem deutschen Ort zu leben, der zu ungefähr drei Vierteln von der Schweiz umgeben ist. Zu Hause habe ich nur Schweizer Handynetz und ich bin schneller in Basel als in der Stadt in Deutschland, zu der mein Dorf gehört. 

Ich bin gerne in der Schweiz. Aber ich muss sagen, dass das Verhältnis zwischen Schweizern und Deutschen nicht immer von Liebe zueinander geprägt ist, manchmal nicht einmal von gegenseitigem Respekt. 

Zum Schweizer Nationalfeiertag will ich deshalb die Chance ergreifen und laut ins Internet hinein brüllen, was ich an meinem bergigen Nachbarn alles mag – vom richtig geilen Essen bis zum grüneren Gras!

1) Kein akustischer Müll aus den 80ern im Radio.

Die deutschen Radiosender sind ja das Endlager der 80er Jahre Musik. Es ist schrecklich. Kein Sender, der darauf verzichten mag, „das beste aus den 80ern und von heute zu spielen“. Ungelogen: Seit ich mit 13 Jahren meine erste Musikanlage bekommen habe, warte ich sehnsüchtig darauf, dass die zerstörerische 80er Jahre Tsunami Welle endlich woanders hin schwappt. Aber Deutschland ist wohl einfach Katastrophengebiet, was das betrifft.

Nicht so die Schweiz! Als grenznahe Bürgerin habe ich das unfassbare Privileg, Sender wie SRF 3 – gesprochen: SRF Drü – anzuhören. Bis auf Crimer, ein geschmacksverirrter Schweizer, der meint, er müsse die 80er ins 21. Jahrhundert zurückholen, ist die Musikauswahl einfach prächtig. Ich wippe im Auto mit den Schultern zu Seeed, bewege auch mal meinen Kopf im Rhythmus zu Nirvana – und singe heimlich mit bei den vielen Popsongs auf Schweizerdeutsch: „Und sie luegt mi ah und seit charmant/oh! du dörfsch grad zu mir cho/wenn du würklich so guet chosch/ja liebi gaht dur de mage/merke z’spaht ich tapp ine falle, will/sie hät kei riis i de chuchi/nume nagellack im chüelschrank…“ Nichts verstanden? Scheißegal! Es macht Spaß, yeah!

2) Ins Hotel oder ins Krankenhaus? Kommt doch aufs selbe raus!

Ihr wollt euch mal erholen? Dann ab in ein Schweizer Krankenhaus – oder Spital, wie die Schweizer sagen. Ich hatte das Privileg, mein Töchterchen auf Schweizer Boden zur Welt bringen zu dürfen. Latte Macchiato zu jeder Tageszeit, ein ständig gefüllter Obstkorb, feines Mittagessen, ein üppiges Frühstücksbuffet, ein herrlicher Blick ins Grüne, unfassbar nettes Personal, das kurz nach dem Klingeln mit freundlichem Lächeln in der Tür steht. Warum war ich nochmal da?

Achso ja, das Baby. Äh, kann mir mal jemand helfen, aufs Klo zu gehen? Ich kann nach dem Kaiserschnitt nicht mal alleine aufstehen. Irgendwie habe ich mir meinen Urlaub anders vorgestellt. Naja. Das nächste Frühstück kommt bestimmt und hebt mich zurück auf Wolke 7.

3) So geiles Essen in der Schweiz

Da das Essen im Krankenhaus schon Thema war, bleiben wir doch gleich dabei: Wer einmal in der Schweiz essen war, kann den Fraß in Deutschland wahrscheinlich kaum noch ertragen. Jede olle Kaschemme hat hochwertigere Speisen als die mir bekannten Restaurants auf deutscher Seite. Ja ja, ich polarisiere. Aber mein Punkt ist: Es schmeckt tatsächlich einfach immer geil. Durchschnittliches Essen scheint es in der Schweiz nicht zu geben.

Meine Freudentränen beim Essen verschwimmen allerdings regelmäßig mit Tränen der Trauer um mein Geld. Eine Pizza? Mindestens 15 Franken. Frühstücksbuffet? 30 Franken sollte man einplanen. Der Latte Macchiato zum Nachtisch? Auf jeden Fall 5,50 Franken. Und obwohl der Kurs ja immer etwas schwankt, kann man gut und gerne (oder nicht so gerne) mit einem 1:1 Kurs rechnen. Autsch und Mist. Am Ende fährt man also doch mit Bauchschmerzen nach Hause.

4) Alles ist nur eine Stunde weit weg

Die Schweiz ist ja so niedlich winzig. Ich wohne in der Nähe von Basel, das ist links oben, ergo: Ganz am Rand. Trotzdem bin ich in ungefähr einer Stunde in Zürich oder Bern, in knappen zwei Stunden in den Alpen – und wenn ich wollte, könnte ich morgens losfahren, um meinen Tag an der Grenze zu Italien zu verbringen und abends wieder zurückkommen.

Okay, ich gebe zu, die Überschrift ist irreführend. Manches ist mehr als eine Stunde weit weg. Aber es klingt halt so toll: Die Schweiz ist so klein, dass alles nur eine Stunde weit weg ist. Vielleicht gibt es ja echt einen Punkt in der Schweiz, von dem aus das so ist. Wundern würde es mich jedenfalls nicht!

5) Das Gras ist grüner auf der Schweizer Seite

Ja, ich weiß, man sagt immer, das Gras sei grüner auf der anderen Seite. Aber es stimmt wirklich: Das Gras auf der Schweizer Seite kommt mir grüner vor, zumindest intensiver, allgegenwärtig geradezu und von höchster Qualität. Wenn ich am Rhein entlang gehe, kann ich es förmlich riechen, selbst wenn ich kaum welches sehe. Die Schweizer sind ja so naturverbunden und lieben ihr Gras.

Oft sehe ich junge Menschen im Gras liegen oder am Fluss sitzen, mit ein bisschen Gras zwischen den Zähnen, der süße Duft wabert zu mir herüber, wir schauen uns an, sie lächeln breit und freundlich. So ein entspanntes Volk, diese Schweizer. Manchmal glaube ich, dass man ihnen diese besondere Art der Freundlichkeit bestimmt sogar im Blut nachweisen kann.

Zum 1. August: Was ich an der Schweiz liebe
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