Ich habe letztes ein echtes WOW Buch gelesen. Eines, das einem die Augen nicht nur öffnet, sondern sie geradezu gewaltsam aufreißt. Es heißt „Die Tyrannei des Wachstums“, wurde geschrieben vom Anthropologen Jason Hickel und ist – der Titel lässt es erahnen – sehr kritisch gegenüber Globalisierung und Kapitalismus.
Nachdem ich das Buch gelesen hatte, hatte ich erst mal schlechte Laune. Denn ja, es ist so, wir sind schlecht, die Welt ist schlecht, wir sind reich, weil andere arm sind.
Donald Trump – ein beneidenswert ehrlicher Typ?
Und dann kam mir noch ein anderer, geradezu verwegener Gedanke: Was ist, wenn Donald Trump in Wirklichkeit der ehrlichste Politiker unserer Zeit ist? Der einfach kommuniziert, was sowieso alle machen und der dazu steht, was andere totschweigen?
Aber der Reihe nach. Erst mal zum Buch: Jason Hickel, aufgewachsen im afrikanischen Swasiland als Sohn westlicher Ärzte, wollte zunächst die Welt durch sein Engagement in der Entwicklungshilfe verändern. Bis er zu der Erkenntnis kam, dass Entwicklungshilfe nicht nur nutzlos ist, sondern sogar schädlich. Quasi ein Tropfen auf den heißen Stein, mit dem der Westen sein Gewissen beruhigt und die sogenannten Entwicklungsländer abhängig gehalten werden.
Er erklärt gleich am Anfang, dass der Begriff Entwicklungshilfe nur ein wirkungsvoller PR-Gag des US-amerikanischen Präsidenten Truman war und dass die ärmeren Länder auf der Welt nicht etwa unterentwickelt sind, sondern nur deshalb nicht vorwärts kommen, weil sie jahrhundertelang nur dafür existieren durften, um den Westen zu entwickeln.
Jason Hickel redet Klartext
Die Kolonialisierung, so beschreibt es Jason Hickel mit eindrücklichen Beispielen, hat niemals aufgehört und auch heute noch nehmen westliche Mächte oft im Geheimen Einfluss auf Regierungsbildungen überall auf der Welt, um sich ihre wirtschaftlichen Vorteile zu sichern – ganz egal, was das für die einheimische Bevölkerung in den ausgebeuteten Ländern bedeutet.
Ja, Jason Hickel hat es geschafft, mich wütend zu machen. Auf das System. Auf die Mächtigen, auf all die Lügen. Am Ende hat mich seine doch sehr einseitig wirkende Schwarzmalerei des Kapitalismus und des Westens nicht ganz überzeugt, da er zwar die Geschichte detailliert betrachtet, aber die Verfehlungen und ausbeuterischen Tendenzen sozialistischer Regimes völlig außen vor lässt. So hat mich am Ende auch seine Utopie der idealen Welt nicht überzeugt, die doch den ein oder anderen kommunistischen Gedanken preist, der bisher noch nie auf überzeugende Art realisiert worden ist.
Warum ihr das Buch lesen solltet
Dennoch: „Die Tyrannei des Wachstums“ solltet ihr lesen. Es führt wieder einmal dazu, die eigene Rolle im globalen Geflecht zu überdenken und hier und da vielleicht noch an den eigenen Gerechtigkeitsschrauben zu drehen. Denn so viel ist klar: Auch wenn ich die Welt allein nicht aus den Angeln heben kann, ich kann zumindest durch mein justiertes Verhalten und meinen an meine moralischen Vorstellungen angepassten Konsum hier und da die Dinge besser machen.
Nun aber endlich zurück zu meinem revolutionären Gedanken an Donald Trump: Ist er also einer der ehrlichsten Politiker unserer Zeit? Vielleicht ist er das wirklich! America first, nur zum eigenen Vorteil handeln, anderen das eigene Weltbild aufzwingen – mal ehrlich, das machen doch alle. Klimaabkommen? Will er nicht, also weg damit! Was zählt sind für ihn Zahlen, Wirtschaft, Gewinn. Finde ich total blöd, klar.
Aber: Spätestens nach Jason Hickels Betrachtung der vielen Schattenseiten unseres Systems wird deutlich, dass Donald Trump nur ausspricht, was auch alle anderen westlichen Staaten machen. Wer hält denn wirklich Klimaziele ein? Wer hat denn ein Interesse daran, dass ärmere Länder zu ernsthaften wirtschaftlichen Konkurrenten werden können? Wer will denn nicht vor allem die eigene Wirtschaft stärken? Jep. Das ist doch am Ende auch unsere Politik.
Hallo, President Dumb
Fragt sich nur, warum wir dennoch Klimaschutzprotokolle unterzeichnen und vorgeben, wie wichtig internationale Beziehungen und die Entwicklung der armen Länder seien. Wird das gemacht, damit die Bevölkerung beruhigt ist? Oder damit all die positiven Vorhaben irgendwann wirklich eintreten? Vielleicht ist es einfach eine Mischung aus beidem.
Übrigens wird am Beispiel von Donald Trump deutlich, dass ehrliche Menschen nicht immer löblich sind. Als ich Jason Hickels „Die Tyrannei des Wachstums“ fertig gelesen hatte, hatte ich das dringende Bedürfnis mal wieder meine President Dumb Voodoo Puppe hervor zu holen. Die macht mich auch nicht zu einem besseren Menschen, aber es macht einfach zu viel Spaß, dem Püppchen zu zeigen, wo es lang geht!
Und nun viel Spaß bei der Lektüre.
Hier geht’s zum Buch „Die Tyrannei des Wachstums“ von Jason Hickel beim Deutschen Taschenbuch Verlag.
Hier könnt ihr das Buch bei Amazon bestellen. Das ist gut für mich, weil Amazon mir dafür ein bisschen was bezahlt, aber ansonsten eigentlich scheiße, weil Amazon böse ist. Vielleicht bestellt ihr das Buch lieber direkt beim Verlag oder bei eurer örtlichen Buchhandlung. Das mache ich seit einiger Zeit recht konsequent – und es ist sogar echt einfach, wie ihr auf der Webseite meiner Dorfbuchhandlung seht.
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